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Schau die Hand an: Richtige Spannung gibt es im US-Sport noch eher als im Fußball, so wie hier beim Super Bowl-Finale zwischen den New England Patriots und den Philadelphia Eagles.

© Chris O'meara/dpa

Saisonstart in der NFL: Zwischen Kapitalismus und Hochspannung

Wer wirkliche Spannung will, muss sich vom europäischen Fußball abwenden und American Football schauen. Ein Kommentar zum NFL-Start.

Ein Kommentar von Christoph Dach

Eine Sache vorneweg, damit keine Missverständnisse entstehen: Natürlich gibt es auch in der US-amerikanischen National Football League (NFL) Punkte, die man zum Saisonstart 2018/19 in der Nacht auf Freitag massiv kritisieren kann. Von New York bis Los Angeles, von Minneapolis bis Houston schreibt die mit jährlich zwölf Milliarden Euro umsatzstärkste Liga der Welt Kapitalismus ganz groß. Zum Vergleich: die Fußball-Bundesliga setzt pro Saison vergleichsweise lächerliche drei Milliarden Euro um.

Für den Fan bedeutet das nicht zuletzt: absurde Eintrittspreise. Stehplatztickets beginnen in der NFL bei 99 Dollar, dafür darf man mit dem Hallendach abklatschen. Für eine Dose Halbzeitbier kann man gut und gerne 20 bis 30 Dollar hinlegen. Ganz zu schweigen vom üblichen Patriotismus-Gedöns und der Mehrzahl der Teambesitzer, die öffentlich und aus voller Überzeugung auf Linie von US-Präsident Donald Trump sind – und den Rassismus-Protest ihrer Spieler während der Nationalhymne am liebsten verbieten würden. Star-Verteidiger Richard Sherman, einer der hellsten Köpfe der Liga und Mitglied der Spielervereinigung NFLPA, hat dem erzkonservativen Besitzer der Dallas Cowboys, Öl-Milliardär Jerry Jones, kürzlich ganz treffend eine „Mentalität wie früher auf der Baumwollplantage“ attestiert. So weit, so schlimm.

In der NFL weiß man vorher nicht, wie das Spiel später ausgeht

Bei aller berechtigten Kritik kann man der Liga aber eine Sache nicht absprechen, die europäischen Sport- und Fußball-Fans gar nicht mehr geläufig ist: ausgeprägte Spannung. In der NFL geht es noch so zu, wie es idealerweise sein soll im Sport: Man weiß vorher tatsächlich nicht, wie das Spiel später ausgeht. Wer vor der vergangenen Saison auf die Philadelphia Eagles als Meister getippt hatte, musste sich Fragen nach der Zurechnungsfähigkeit gefallen lassen. Am Ende gewannen die Eagles sensationell den Super Bowl.

Hierzulande ist gerade eine Generation von Kindern eingeschult worden, die einen einzigen deutschen Fußball-Meister kennt: den FC Bayern. In Italien sieht das genau so aus; dort hat Juventus Turin sieben Titel in Folge geholt. In Spanien kommt Barcelona auf sieben der letzten zehn Titel, in Frankreich hat Paris fünf der letzten sechs Meisterschaften geholt.

Zum Vergleich: In der NFL gab es im letzten Jahrzehnt neun verschiedene Meister. Wenn ein Team wie die New England Patriots acht Mal in Folge mindestens ins Halbfinale einzieht, gilt das schon als massive Dominanz und Langeweile. Solche Sorgen hätten andere große Ligen gern.

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