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Sport: Schön kritisch

Hertha BSC freut sich über das 4:1 gegen den HSV, nicht aber über das Spiel

Berlin - Als Geschäftsführer ist Dieter Hoeneß auch für die Außendarstellung des Unternehmens Hertha BSC verantwortlich. Da ist ihm der gute Ruf seiner Mannschaft wichtiger als eine öffentliche Fehleranalyse. „Es gibt Spiele, bei denen muss man nicht zu sehr ins Detail gehen“, sagte er. Seine Botschaft nach dem Bundesligaspiel vom Samstag lautete stattdessen: „Die Mannschaft hat einen starken Gegner am Ende klar besiegt.“ Damit hatte er vollkommen Recht, 4:1 gewannen die Berliner im Olympiastadion gegen den Hamburger SV. „Wir sollten uns einfach freuen“, sagte Hoeneß.

Auf der Angestelltenebene hörte sich die Nachbetrachtung etwas anders an. Als hätten sie sich vorher abgesprochen, redete einer nach dem anderen von einer „schlechten Leistung“, Torwart Christian Fiedler etwa, Verteidiger Dick van Burik oder Trainer Falko Götz. Das einzig Gute sei das Ergebnis, fanden sie. Doch woher kam diese Unzufriedenheit nach einem deutlichen Sieg gegen einen Konkurrenten um einen Uefa-Pokal-Platz? „Man kann darin die Ansprüche der Spieler und des Vereins erkennen“, sagte Götz.

Die Entwicklung der Mannschaft zeigte sich am Samstag weniger auf dem Platz als hinterher bei der Spielbesprechung. Vielleicht haben Götz und seine Spieler auch ein wenig mit ihrer Unzufriedenheit kokettiert. Der deutliche Sieg war ihrer Fähigkeit zur Selbstkritik sicher förderlich. Den Berliner scheint jedoch kein hübsches Ergebnis mehr zum Glücklichsein zu genügen. In der Vorrunde wäre es vielleicht noch so gewesen, aber seitdem hat sich einiges getan. Inzwischen glauben sie daran, nicht nur jedes Bundesligaspiel gewinnen, sondern dabei auch die überlegene Mannschaft sein zu können.

Davon waren sie am Samstag ein gutes Stück entfernt. Die Hamburger hatten den Ball öfter und länger am Fuß, sie drängten die Berliner zurück an die Strafraumgrenze. „Wir hatten uns vorgenommen, sehr dominant zu arbeiten“, sagte Fiedler. Der Auftritt geriet allerdings nach der frühen Führung zu einer sehr zurückhaltenden Vorstellung. Das Mittelfeld konnte die Kontrolle über das Spiel nicht an sich reißen. Zwischendurch tauchten die Berliner aber immer wieder vor dem Tor der Hamburger auf – und trafen, einmal waren es Giuseppe Reina, zweimal Gilberto und einmal Marcelinho.

Falko Götz erinnerte sich daher ein wenig ratlos an das verlorene Auswärtsspiel beim VfB Stuttgart in der Woche zuvor. „Das saß ich nach dem Spiel vor der Statistik und habe unsere guten Werte gelesen, heute ist es genau umgekehrt.“ Es sprach aber auch einiges für Hertha. Ihre Chancen verwerteten die Berliner konsequent. Waren sie einmal in Hamburgs Strafraum eingedrungen, spielten sie ihre technischen Stärken aus. Der HSV wirkte in der Abwehr eingeschüchtert und konnte nur nach vorne überzeugen. Bei aller Zurückhaltung in der Spielgestaltung ließen die Berliner auch nur wenige Großchancen zu. Meist waren es Schüsse aus der Distanz, mit denen die Hamburger ihr Glück versuchten. Und wenn die Feldspieler einmal etwas nachlässig waren, stand im Tor der Hertha immer noch Christian Fiedler. „Wir haben Christian heute viel zu verdanken“, sagte van Burik.

So konnte es sich Hertha auch leisten, in der zweiten Halbzeit ohne nominellen Stürmer zu spielen. Götz hatte Artur Wichniarek zur Pause ausgewechselt. Bei den drei Toren in der ersten Halbzeit war von Wichniarek ohnehin nicht viel zu sehen gewesen, höchstens beim Jubeln.

Auf einen offensiven Mittelfeldspieler muss Trainer Götz nun erst einmal verzichten: Yildiray Bastürk sah die Rote Karte. Götz scheint sich dennoch keine Sorgen zu machen. Bastürk werde nun genauso ersetzt wie zuletzt Marcelinho. „Zecke Neuendorf hat schon mit den Hufen gescharrt“, sagte Götz. Die Planungen der Berliner hat Bastürk also nicht durcheinander gewirbelt. Es könnte nur sein, dass sich Hertha bald ein neues Saisonziel ausgeben muss, Uefa-Pokal oder gar Champions League. Dick van Burik sagte: „Wenn wir schon solche schlechten Spiele gewinnen, dann ist wirklich etwas drin.“

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