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In Titisee-Neustadt wurde der Schnee vom letzten Jahr benötigt, um die Skisprunganlage zu präparieren.

© Imago/Fotostand

Skispringen und Klimawandel: Ist der Schnee von gestern die Zukunft?

Mit großem Aufwand wurde die Hochfirstschanze für den Weltcup präpariert. Doch schon bald könnte es neue Optionen für das Skispringen geben.

Das Walkie-Talkie von Matthias Schlegel knarrte in den vergangenen Tagen schier unentwegt. Der Chef der Hochfirstschanze in Titisee-Neustadt war schwer gefordert. Obwohl passend zum ersten Wettkampftag der Skispringer am Freitag Schnee gefallen war, zeigten sich gerade in der Vorbereitung die Tücken, einen Wintersport-Weltcup auszurichten. Was angesichts der klimatischen Rahmenbedingungen immer schwerer zu kalkulieren ist.

Weil die Veranstaltungen im Schwarzwald früh in der Weltcup-Saison stattfanden, entschied man sich im vergangenen Winter dafür, Schnee zu produzieren und den Sommer über in Styropor und Kunststofffolien zu verpacken. „Wir brauchen minus vier Grad, um frischen Schnee produzieren zu können“, erklärt Schlegel. „Wir hätten die Schanze nicht präparieren können, wenn wir nicht den Schnee aus dem letzten Jahr hätten nehmen können.“

Das künstlich errichtete Gebilde, der sogenannte Schwarzwald-Gletscher, umfasste anfangs 5000 Kubikmeter Kunstschnee. „Aber natürlich nagt die Natur an diesem System, auch Regen setzt ihm zu“, erklärt Schlegel, der die Vorbereitung der Schanze seit über 20 Jahren verantwortet. „Wenn die Isolierung nicht richtig ist, taut dir alles weg.“

3500 Kubikmeter sind übriggeblieben – das war in etwa der Plan. Gerade ausreichend, um die Wettkämpfe zu ermöglichen. Nach einigen schlaflosen Nächten zuvor sorgte selbst diese gute Nachricht nicht für wirkliche Ruhe. Denn gerade der Neuschnee brachte neue Sorgen.

Denn dieser bindet sich schlecht mit den anderen. „Wir haben es hinbekommen und haben sogar Geld gespart, weil die Energiekosten gestiegen sind“, sagt Schlegel, „aber die Zukunft ist das für mich nicht.“

Wie die Zukunft aussehen könnte, offenbarte sich am Weltcup-Wochenende im polnischen Wisla Anfang November. Zum ersten Mal überhaupt sprangen die Athleten im Weltcup auf grünen Matten. Einer Unterlage, auf der die Sportlerinnen und Sportler bei rund 70 Prozent ihrer jährlichen Sprünge landen. Es gibt halt nur ein wesentliches Problem: Winterliche Stimmung kommt dabei nicht gerade auf.

70
Prozent ihrer jährlichen Sprünge bestreiten die Sportlerinnen und Sportler auf Matten.

Horst Hüttel, Sportlicher Leiter der Disziplinen Skispringen und Nordische Kombination beim Deutschen Skiverband (DSV), sagt: „Der Klimawandel wird uns vor Probleme stellen. Skispringen hat ein Konzept, um den entgegenzuwirken. Die Frage wird nicht sein, was wir wollen, sondern was wir können.“

Während andere Disziplinen wie Ski Alpin, Langlauf oder Biathlon es deutlich schwerer haben, ihre Pisten und Loipen entsprechend zu präparieren, weil ganz andere Schneemengen benötigt werden, besteht mithilfe der Mattentechnologie beim Skispringen sogar die Chance, Wettbewerbe außerhalb der klassischen Wintersportzeit durchzuführen.

In Wisla landeten die Skispringer auf Matten.
In Wisla landeten die Skispringer auf Matten.

© Imago/GEPA pictures

Wenngleich es laut Hüttel 1 bis 1,5 Millionen Euro kostet, eine bestehende Anlage mit den Matten auszustatten. Im Vergleich: Für die künstliche Beschneiung einer Skisprunganlage waren pro Saison alleine rund 200.000 Euro an Energiekosten fällig – mit natürlich steigender Tendenz. Die dafür benötigten Gerätschaften sind hierbei noch nicht eingerechnet. Das Snowfarming-Konzept, das in Titisee-Neustadt angewandt wurde, ist wohl etwas kostengünstiger.

Während die Athletinnen und Athleten die Sache eher pragmatisch sehen, weil sie lieber springen, als allzu lange auf den richtigen Schnee zu warten, kann sich Schanzenchef Matthias Schlegel nur schwer vorstellen, dass auf seiner Anlage eines Tages Matten liegen. „Ich finde das nicht gut, für mich bleib Skispringen eine Wintersportart.“

Aber auch die Umsetzung hält er für schwierig: „Das kann man natürlich machen, wenn man so einen frühen Termin hat. Wenn es 30 Zentimeter auf die Matte schneit, muss der Schnee da irgendwie raus, weil der Schnee ja nicht liegen bleibt, sondern abrutschen würde.“

Es bleibt in jedem Falle eine knifflige Sache, den Skispringerinnen und Skispringern die richtigen Bedingungen zu schaffen.

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