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In der Tabelle sind alle 39 Entscheidungen zu Toren und Elfmetern einbezogen worden. Rote Karten wurden nicht berücksichtigt.

© Fabian Bartel

Fußball-Bundesliga: So würde die Tabelle ohne Videobeweis aussehen

Der Videobeweis in der Bundesliga hat bisher nur Ärger hervorgerufen. Wir haben versucht, die emotionale Debatte zu rationalisieren - und eine eigene Tabelle berechnet.

Er ist eine Revolution im deutschen Fußball, der Videobeweis. Und wie das Revolutionen so an sich haben, ist die Aufregung groß. Oder auch das Chaos. Am ersten Spieltag fiel in einigen Stadien erst einmal die Technik aus. Prompt war das Vertrauen zerstört. Jeder hatte irgendetwas zu meckern und einer fühlte sich immer benachteiligt. So lässt sich die Hinrunde der Fußball-Bundesliga mit Videobeweis beschreiben.

Nun war die Debatte um den Videobeweis von Anfang an eine emotionale. Die Gegner fürchteten, dass ohne Schwalben und Phantomtore, dafür mit Toren unter Vorbehalt die Emotionen verloren gehen, die Fußball zu dem machen, was er ist. Zumindest hier lässt sich recht schnell Bilanz ziehen: Emotionen gab es trotzdem genug. Schwieriger wird es, wenn es um das Argument der Befürworter geht. Der Videobeweis soll den Fußball endlich gerechter machen. Hat er das getan? Sicher lässt sich nur sagen: Auch die beste Technik hilft nicht, wenn Menschen Fehler machen. Und die hat es sicher auch bei den Entscheidungen des Videobeweises gegeben.

Insgesamt 1041 Mal hat der Videoassistent Schiedsrichter-Entscheidungen in der Hinrunde überprüft. Dabei bekommt der Zuschauer im Stadion oder vor den Fernsehbildschirmen kaum mit, dass der Mann im Ohr zum Schiri auf dem Platz spricht. Was den Fans bleibt, sind die Korrekturen zu zählen, die durch den Videobeweis vorgenommen wurden. Denn sie lassen sich in Livetickern und Spielberichten schwarz auf weiß nachlesen. Was daraus folgt, ist ein Versuch, den emotionalen Videobeweis in rationale Zahlen zu packen.

45 Korrekturen in 153 Spielen wurden gezählt. Das macht nicht einmal eine halbe Korrektur pro Spiel. Zählen kann man gegebene und zurückgezogene Rote Karten, gegebene und zurückgezogene Elfmeter, gegebene und zurückgezogene Tore. 42 Prozent der Änderungen, die der Schiedsrichter nach Rücksprache mit dem Videoassistenten vornahm, waren Elfmeter. Und hier beginnt das Gedankenexperiment.

Oben und unten ist es gleich - dazwischen hat sich viel verändert

Hätte es den Videobeweis nicht gegeben, wären 17 Tore weniger gefallen – 19 Elfmeter wurden gegeben, zwei verschossen. Gleichzeitig erkannten die Unparteiischen aber auch zehn Elfmeter wieder ab. Durchschnittlich liegt die mathematische Trefferwahrscheinlichkeit bei einem Elfmeter bei rund 75 Prozent. Geht man also davon aus, dass jeder dieser zehn Elfmeter reingegangen wäre, so hätte es zehn Tore mehr gegeben. Diese Treffer können Spiele drehen. Zugegeben, so ganz statistisch korrekt sind diese Rechnungen nicht. Zumal jeder Spieler und Torwart über eigene Elfmeterquoten verfügt. Und auch hier die eigentlich wichtigste Frage unbeantwortet bleibt: War die Entscheidung korrekt?

Trotzdem können solche Zahlenspiele helfen, ein besseres Gefühl (Emotionen bleiben nie ganz aus) dafür zu bekommen, wie viel der Videobeweis nun wirklich verändert hat. Außen vor bleiben bei solchen Experimenten die fünf gegebenen Roten Karten und der zurückgezogene Platzverweis. Wie sich diese Eingriffe auf die Duelle ausgewirkt haben, lässt sich nur raten. Nach all dem Zählen und Schätzen und Rechnen steht am Ende eine Tabelle, die einen möglichen Stand anzeigt, wie er ohne Videobeweis hätte aussehen können.

Was hat sich verändert? Für sechs Vereine nicht viel. Sie stehen auf dem gleichen Platz wie in der realen Tabelle. Dazu gehören auch der Tabellenführer Bayern München und Schlusslicht 1. FC Köln. Die Kölner hatten sich an einigen Spieltagen bitter über den Videobeweis beklagt. Die TSG Hoffenheim ist das einzige Team, das in der ganzen Hinrunde kein einziges Mal korrigiert wurde. Besser oder schlechter steht die Mannschaft um Trainer Julian Nagelsmann dadurch nicht da. Sie belegt Platz sieben in beiden Tabellen.

Verlierer des Videobeweises sind in unseren Berechnungen Borussia Mönchengladbach, der FSV Mainz 05 und der FC Augsburg. Hätte es diesen technischen Fortschritt nicht gegeben, stünden sie zwei Plätze besser da. Gewinner sind eindeutig Borussia Dortmund und der VfB Stuttgart. Ohne Videobeweis-Korrekturen lägen beide Klubs nach unseren Analysen drei Plätze unter ihrem eigentlichen Tabellenplatz. Ähnliche Berechnungen stellt die Plattform „Wahre Tabelle“ an. Bei ihnen landet Dortmund auf Platz zwei. Dort wurden alle strittigen Schiedsrichterentscheidungen in die Tabelle miteinbezogen – und nicht nur die Korrekturen.

Das Beispiel zeigt: Es gibt viele mögliche Tabellen. Am Ende zählt sowieso nur die eine. Und auch beim Videobeweis wird wohl alles erst einmal so bleiben, wie es ist. Im März entscheidet der Weltverband Fifa, ob die Technik auch bei der Fußballweltmeisterschaft in Russland eingesetzt wird. Dann gäbe es vielleicht zwei Weltmeister. Einen mit und einen ohne die Korrekturen der Videoassistenten.

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