Berlin – Stefan Ustorf ist auf dem Eis überall unterwegs. In den Ecken, an der Bande und in der Abwehr sowieso. Und dann ist der Center bei den Eisbären, die heute Hannover empfangen (19.30 Uhr, Sportforum), einer der torgefährlichsten Stürmer. „Stefan kann eben vieles, weil er keine Angst hat“, sagt Peter John Lee. Und der Berliner Manager erzählt davon, wie seine Spieler die Schlagschussgewalt des neuen Verteidigers Shawn Heins fürchteten. „Keiner wollte bei seinen Schüssen vor dem Tor stehen – bis auf einen.“ Stefan Ustorf. „Wenn mir das mehr Eiszeit beschert, stehe ich vor dem Tor, wenn Heins schießt“, hat er gesagt.
Ustorf sei ein Phänomen, sagt Lee. „Der passt in jedes System.“ Phänomen? Nein, sagt Ustorf, das sei er nicht. In der 16. Saison als Profi kann ihn wenig erschüttern. Auch nicht, dass er in 18 Spielen für seinen neuen Klub in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) schon sieben Tore erzielt hat. Und das nach der Vorsaison – da unterstellten ihm die Mannheimer Adler mangelnde Leistungsbereitschaft und entließen ihn. 21 Spiele für Krefeld folgten, nur ein Tor gelang ihm dort. Ustorf hatte schon im Winter für zwei Jahre in Berlin unterschrieben. Mag sein, dass Lee es schon bereute. Ustorfs Karriere war am Tiefpunkt.
Eine Karriere, die 1992 in Kaufbeuren begann und die ihn 1995 bis in die nordamerikanische Profiliga NHL brachte, wo er 59 Spiele für die Washington Capitals im Einsatz war. Es folgte 1997 eine einjährige Episode bei den Berlin Capitals, bei denen sein Vater Peter als Trainer und Manager tätig war. Danach spielte Ustorf vier Jahre in der International Hockey League. 2001 kehrte er in die Heimat zurück. Der Abschied aus der Welt der Illusionen, das Thema NHL hatte sich für ihn erledigt. Im Frühjahr 2001 noch hatte er sich dem damaligen Bundestrainer Hans Zach für die WM in Deutschland angeboten. Doch Zach sagte nur: „Stefan Ustorf, wer ist das?“
Drei Jahre später ist Ustorf Kapitän des Nationalteams und einer der Stars der Eisbären. Er nimmt es mit Bescheidenheit zur Kenntnis. „Identifikationsfiguren gibt es bei uns viele.“ Aber es gibt bei den Eisbären keinen, den sie sonst mit dem Schlachtruf „Hooligan“ belegen. „Das geht auf meinen Vater zurück. Für den war das ja in Berlin nicht so spaßig.“ Der Vater hatte sich in Berlin mal mit einem Fan angelegt. „Es ist doch nur Spaß, wenn die Fans das rufen.“
Anecken will Stefan Ustorf nicht. Er hat eben gelernt, sich nicht nur auf dem Eis blendend zu verkaufen. Sein Trainer Pierre Pagé hält ihn „für das absolute Vorbild. Keiner trainiert im Sommer so hart wie er. Stefan reißt alle unsere jungen Spieler mit“. Ustorf schmunzelt. „Ich kann von den jungen Spielern auch etwas lernen. Die sind richtig gierig nach Erfolg.“ So wie Stefan Ustorf das mit 30 Jahren immer noch ist.