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Luca Brecel nach dem Sieg im Crucible Theatre.

© IMAGO/Pro Sports Images/IMAGO/Colin Poultney

Update

Triumph bei der Snooker-WM: Luca Brecel löst ein großes Versprechen ein

Der Belgier Luca Brecel bezwingt Mark Selby und ist der erste Snooker-Weltmeister aus Kontinentaleuropa. Dabei hatte er vor dem Turnier angeblich nur 15 Minuten trainiert.

Luca Brecel drückte ein paar Tränen weg, um ihn herum flatterte Konfetti durch das Crucible Theatre und dann sagte er beim Sieger-Interview in der Arena schließlich dies: „Ich bin gespannt, was dieser Titel mit Snooker in Belgien, Europa und dem Rest der Welt macht.“

Wenige Minuten zuvor hatte sich Brecel zum Snooker-Weltmeister gekrönt, im Finale konnte er Mark Selby mit 18:15 besiegen und damit lang in ihn gesetzte Erwartungen endlich erfüllen. Dass er nun im Alter von 28 Jahren das große Versprechen einlöste, kam trotzdem überraschend.

Brecel, geboren in Flandern, ist der erste Kontinental-Europäer, der den WM-Titel gewinnen konnte. Überhaupt ist er der erste Weltmeister, dessen Muttersprache nicht Englisch ist – und wahrscheinlich der mit der geringsten Vorbereitungszeit auf das wichtigste Turnier der Snooker-Welt.

15 Minuten habe er vor der WM trainiert, erzählte Brecel in Sheffield und berichtete von Partys, Alkolhol und durchzockten Nächten. Kein Wunder, dass er in der Heimat nach seinem Triumph gleich mal als „der neue Rockstar im Snooker“ (RTBF) gefeiert wurde.

Ein Zufalls-Champions ist Brecel allerdings nicht. Nicht bei dieser WM, wo er mit Mark Williams in Runde zwei einen Dreifach-Weltmeister bezwang, danach den siebenfachen Rekordtitelträger Ronnie O’Sullivan ausschaltete und im Finale den fünften WM-Sieg von Mark Selby verhinderte. Dazu gelangen Brecel unglaubliche Comebacks, im Halbfinale gegen den Chinesen Si Jiahui beispielsweise lag er bereits 5:14 hinten, um dann doch noch 17:15 zu gewinnen. „Er ist der Spieler des Turniers“, lobte O’Sullivan bei Eurosport und fügte hinzu: „Niemand kann mit dem Queue so viel wie er.“

Niemand kann mit dem Queue so viel wie er.

Rekord-Weltmeister Ronnie O’Sullivan über Luca Brecel

Tatsächlich spielt Brecel mit einer Leichtigkeit, die einzigartig ist. Wenn er eine schwer zu lochende Kugel versenkt, sieht es bei ihm so aus, als wäre es die natürlichste Sache der Welt. So entnervte er Selby im Endspiel immer wieder und erarbeitete sich Führungen von 6:2, 13:8 und 16:10. Dass es am Ende beim Stand von nur noch 16:15 kurzzeitig brenzlig wurde, lag auch daran, dass Selby sein Heil in der Offensive suchte. Letztlich hatte Brecel damit dem Gegner sein Spiel aufgezwungen und nicht umgekehrt.

„Wenn ich das 16:16 geschafft hätte, wäre es vielleicht anders ausgegangen. Aber er ist verdienter Champion“, sagte Selby, dem in Finale sogar ein Maximum Break gelungen war. Direkt an Brecel gewandt schickte der 39 Jahre alte Engländer hinterher: „Genieß dein Jahr als Weltmeister!“

In Belgien ist Billard populär, Raymond Ceulemans ist eine Legende

Genießen kann der Belgier ohne Zweifel, ob er aus dem nach wie vor britisch-dominierten Snooker nun auch einen Weltsport machen kann, wird sich allerdings erst zeigen müssen. In Belgien ist Billard – besonders in der Karambolage-Variante – sehr populär. Raymond Ceulemans gilt wegen seiner 21 WM-Titel allein im Dreiband als Legende.

Dieses Status muss sich Brecel erst erarbeiten und zudem zeigen, ob er wirklich eine Inspiration für andere Europäer sein kann. Um im Snooker erfolgreich zu sein, müssen Spieler vom Kontinent immer noch hohe Hürden überwinden. Es braucht neben Talent, viel Geduld und eine Menge Geld. Letztlich spielt sich der Sport schon in der Jugend oder als Amateur vor allen in England ab, wo die Konkurrenz groß ist.

Zuletzt hatte Snooker bereits den chinesischen Markt erobert, die Corona-Pandemie hatte diese Entwicklung aber wieder gebremst. Nun soll es in China in der kommenden Saison auch wieder Weltranglisten-Turniere geben. In Belgien ist das aktuell im Männerbereich nicht der Fall, gut möglich, dass sich das nun ändert.

Luca Brecel hat eine neue Tür für den Sport geöffnet und er ist der perfekte Protagonist für Snooker: wild, unangepasst, unfassbar talentiert. In Sheffield hat er in den vergangenen zwei Wochen Geschichte geschrieben. Nun will er Stoff für weitere Geschichten liefern.

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