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Ilyas Ansah bejubelt hier schon sein zweites Tor – so richtig glauben mag er es offenbar selbst noch nicht.

© Imago/HMB-Media

Stürmer-Segen für den 1. FC Union: Ilyas Ansah zündet beim Debüt den Turbo

In der Vorbereitung ging bei Unions Angreifern wenig. Doch pünktlich zum Bundesliga-Auftakt platzt bei Ilyas Ansah der Knoten – und das gleich gewaltig.

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Bei seinem ersten Bundesliga-Torjubel sah es ein bisschen so aus, als ob Ilyas Ansah das alles selbst kaum glauben konnte. Zunächst rannte er wie ein Verrückter Richtung Eckfahne, dann drehte er sich an der Strafraumkante um und wandte sich stattdessen an seine Mitspieler. Er grinste wie ein Kind, schrie vor Glück und verlor sich in der rot-weißen Menge. Erst danach ging er für ein kurzes Gebet zu Boden.

„Das sind Momente, von denen man träumt, und die gehen jetzt in Erfüllung. Das ist natürlich eine Situation, wo man sich erst mal sammeln muss“, sagte Ansah nach dem Spiel und konnte sein Glück dabei noch immer nicht so richtig fassen.

„Der Gesegnete“, oder „Der Segenbringer“, bedeutet Ansahs Nachname ungefähr in der ghanaischen Akan-Sprache. Und am Sonnabend war der Stürmer des 1. FC Union tatsächlich ein einziger Segen für seinen neuen Verein. Mit zwei Toren in der ersten Hälfte feierte der 20-Jährige bei seinem ersten Bundesliga-Spiel einen Traum-Einstand – und schenkte Union damit zum Saisonauftakt einen 2:1-Sieg gegen den VfB Stuttgart.

Dabei war der allgemeine Konsens vor diesem ersten Spieltag eigentlich klar: Bei Union mangele es – trotz der Ankunft von Ansah – immer noch an Durchschlagskraft in den vorderen Reihen. Es fehle die Präzision, und eben auch an einem Angreifer, der die Dinger vorne einfach reinmacht.

Das sind Momente, von denen man träumt, und die gehen jetzt in Erfüllung.

Ilyas Ansah

Schon nach 18 Minuten ließ Ansah an dieser These aber plötzlich zweifeln. An der Strafraumkante behauptete er den Ball stark gegen Angelo Stiller, und machte ihn dann einfach rein. Aus einer Entfernung von 20 Metern und mit einer Selbstverständlichkeit, die ihn selbst überraschte. Wie war das nochmal mit der fehlenden Durchschlagskraft?

Nun hat man nicht unbedingt rechnen können, dass Ansah beim Debüt so zünden würde. Sowohl in der Vorbereitung als auch im Pokal gegen Gütersloh hatte der Neuzugang aus Paderborn zwar gute Ansätze gezeigt. So richtig geglänzt hatte er allerdings nicht. Die Erwartungen hielten sich noch in Grenzen.

„Natürlich rechnet man nicht damit, dass es so kommt, wie es gekommen ist“, sagte auch Ansah selbst später. Er selbst habe erst kurz vor dem Spiel erfahren, dass er überhaupt in der Startelf stehen würde.

Wie ein schlaksiger Teenager

Womöglich ist Ansah aber eben genau so ein Spieler. Einer, der deutlich limitierter aussieht, als er tatsächlich ist. Wie ein schlaksiger Teenager galoppierte er am Samstag im letzten Drittel herum, die Ellenbogen dicht an den Rippen.

Dass er den Ball gut behauptet, merkt man schon an seiner Größe. Erst später fällt auf, dass er auch blitzschnell ist, mit dem Ball tanzen kann und ein fantastisches Auge hat und im Abschluss eben eiskalt bleibt. Wenn man es übertreiben möchte, könnte man darin vielleicht sogar einen Hauch von Thomas-Müller-Energie sehen wollen.

Aber man muss eben nicht übertreiben. Ansah bleibt ein 20-Jähriger, der in seinem ersten Bundesliga-Spiel eine gute Leistung gebracht hat. Damit sind Unions Probleme im Angriff noch lange nicht gelöst. Am Sonnabend beendete Union die erste Halbzeit trotzdem mit 3:9 Torschüssen. Dass es bei der wichtigsten Metrik dennoch 2:0 stand, lag vor allem an einem überragenden Frederik Rönnow im Tor der Köpenicker.

Die Alte Försterei bebte zur Halbzeitpause trotzdem, und das hatte eben auch ganz viel mit Ansah zu tun. Bei seinem zweiten Tor kurz vor dem Seitenwechsel zeigte er wirklich alle Tugenden, die Union für die kommende Saison Hoffnung machen dürfen.

Zunächst wollte er einen Ball an der Mittellinie mit dem Kopf verlängern. Das gelang ihm nicht, doch er gewann den Zweikampf trotzdem, schaltete blitzschnell um und spielte einen cleveren Pass zu Andrej Ilic auf der rechten Seite. Ein paar Sekunden später stand Ansah im Fünf-Meter-Raum und der Ball lag im Netz.

Spätestens ab diesem Moment war klar, dass die Erwartungen an Ansah künftig ganz anders sein werden als noch vor dem Spiel. Weshalb Trainer Steffen Baumgart auf der Pressekonferenz ein wenig auf die Bremse tritt: „Wir erwarten erstmal, dass er auf dem Teppich bleibt. Das bleibt er aber auch, weil er ein sehr bescheidener Junge ist“, sagte er. Damit sollte er Recht behalten.

Als Ansah nach 75 Minuten ausgewechselt wurde, wurde er aber schon wie ein Publikumsliebling gefeiert. Die Waldseite tobte, als er vorbeilief. Auf der Haupttribüne gab es stehende Ovationen. Doch der junge Spieler ließ sich davon nicht zu sehr mitnehmen. „Vor allem im ersten Bundesligaspiel ist das was Besonderes und ich bin dafür sehr dankbar. Man weiß aber auch, dass es ein schöner Moment ist, der nicht für immer anhält“, sagte er.

Diesen gesegneten Nachmittag kann ihm trotzdem keiner mehr nehmen.

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