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Er schreit, er dirigiert, er tigert durch die Coaching-Zone. Doch es hilft alles nichts. Tayfun Korkuts Zeit beim VfB Stuttgart könnte schon bald enden.

© Jan Woitas/dpa

Stuttgart verliert 0:2 bei RB Leipzig: Für Trainer Tayfun Korkut wird es eng

Der VfB Stuttgart wartet weiter auf seinen ersten Pflichtspielsieg in dieser Saison. Ob Trainer Tayfun Korkut noch viele weitere Chancen bekommt?

Von David Joram

Mitleid gibt es im Fußball bekanntermaßen nicht. Mit Tayfun Korkut, dem Trainer des VfB Stuttgart, musste man trotzdem welches haben. Er tat ja wirklich alles, um die 0:2 (0:1)-Niederlage seines Teams bei RB Leipzig zu verhindern. Er Schrie, feuerte an, dirigierte. Allein: es half alles nichts. Wieder schaffte es der VfB Stuttgart nicht, einen Treffer zu erzielen.

Es bedarf keines Propheten, um zu erahnen, dass diese Pleite eine der letzten für den 44-Jährigen als Verantwortlicher der Schwaben sein dürfte. Über 30 Millionen Euro hatte der VfB vor dieser Saison investiert, namhafte Spieler wie Daniel Didavi, Gonzalo Castro und hoffnungsvolle junge Talente waren gekommen, der französische Weltmeister Benjamin Pavard geblieben. Korkut warb zuletzt um Verständnis, sprach von „einem Findungsprozess“, davon, dass andere Klubs diesen auch benötigten. Wie man das halt so tut, wenn es nicht rund läuft. Allerdings könnten die VfB-Macher auch bald finden, dass zwei Punkte und nur drei selbst erzielte Tore – alle im Derby beim SC Freiburg – nach fünf Spieltagen selbst für einen Findungsprozess zu wenig sind.

Gegen die ebenfalls schwach in die Saison gestarteten Leipziger investierte der VfB in einer unterdurchschnittlichen ersten Halbzeit zunächst zwar etwas mehr, doch resultierten daraus keine gefährlichen Torchancen. Und weil Leipzig ebenfalls lustlos den Ball durch die eigenen Reihen trieb, war das Spiel 30 Minuten lang so aufregend wie ein Statistik-Seminar. „Der Stolz des Ostens heißt RB“, wie ihn die Leipziger Anhänger vor dem Spiel besangen, riss die lediglich 32.187 Zuschauer – Leipziger Saison-Minusrekord – jedenfalls auch nicht von den Sitzen.

Wie ein hungriger Tiger lief Korkut die Coaching-Zone auf und ab

Nur einer stand fortwährend: Tayfun Korkut. Wie ein hungriger Tiger lief er die Coaching-Zone auf und ab, permanent an der Schwelle zum Übertritt. Hin und wieder übertrat er die weiß markierte Linie auch, doch der Vierte Offizielle ließ ihn gewähren. Vielleicht hatte er auch ein bisschen Mitleid mit Korkut, der (noch) einen Verein für Bewegungsspiele anleitet, der in schlechten Phasen ganz besonders zappelig und aufgeladen wirkt. Korkut jedenfalls litt, tobte, trieb an, verschob die Spieler in den schwarzen Stuttgarter Auswärtstrikots nach hinten, nach vorne, monierte Foulspiele, wenn er glaubte, welche an den Seinen erkannt zu haben, und presste die Lippen zusammen, wenn die wenigen aussichtsreichen Spielszenen verpufften.

Nur einmal stand Korkut komplett reglos da, die Hände in den Hüften. Es war in der 45. Minute. VfB-Torwart Ron-Robert Zieler hatte einen wuchtigen Distanzschuss von Kevin Kampl nicht zur Seite abgewehrt, wie es das Torhüter-Lehrbuch vorschreibt, sondern genau in die Mitte. Da stand Willi Orban und schob lässig zum 1:0 ein. Korkut schnappte nach Luft, dann lief er um die Werbebande und setzte sich frustriert. Indes: Verdient war die Leipziger Führung, denn nach 30 Minuten erzeugten die Sachsen mehr Druck – und in der zweiten Hälfte sowieso.

Zweimal ließ sich Korkut nieder, nachdem die Leipziger getroffen hatten. Während Timo Werners tolles Solo nach knapp einer Stunde wegen einer Abseitsposition durch den Videoschiedsrichter noch revidiert wurde, fand Augustins Flachschuss seine berechtigte Anerkennung. Dass die Leipziger trotz guter Chancen durch Yussuf Poulsen, Augustin oder Emil Forsberg darauf verzichteten, das Ergebnis noch klarer zu gestalten, dürfte Korkut im Kampf um seine Zukunft beim VfB kaum helfen. Die Diskussionen um den Chefcoach wurden bereits vor der Partie geführt – nun dürften sie umso intensiver weitergehen.

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