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Sport: Traurige Dritte

Britta Steffen wollte bei der Schwimm-WM Gold über 100 Meter – doch es kam anders

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Britta Steffen wäre nach der Siegerehrung am liebsten ganz schnell aus dem Innenraum der Rod-Laver-Arena verschwunden, doch es gelang ihr nicht. Hinter ihr wollte sich die Australierin Lisbeth Lenton einfach nicht ihrem zügigen Schritttempo anpassen, im Gegenteil, ausgelassen kostete sie diese Ehrenrunde bis zum letzten Moment aus. Immer wieder stürzte sie zu den Zuschauern, schrieb Autogramme und nahm Glückwünsche entgegen. Britta Steffen musste warten, dabei passte diese Ehrenrunde so gar nicht zu ihrer Stimmung.

„Es ist so traurig“, verkündete die 23-Jährige. „Ich hatte mehr erwartet.“ Nur der dritte Platz ist ihr im Rennen über 100 Meter Freistil bei der Schwimmweltmeisterschaft in Melbourne geblieben. Dafür gab’s eine Bronzemedaille und Blumen, aber ein Trost war das nicht. Sie wollte ihren Weltrekord (53,30) unterbieten, aber sie schlug erst nach 53,74 Sekunden an. Sie wollte Gold, aber Lisbeth Lenton (53,40) und Marleen Veldhuis aus Holland (53,70) waren schneller. Die eine, Lenton, wurde in Melbourne schon Staffel-Weltmeisterin, die andere ist EM-Zweite über 100 Meter Freistil von 2006. Britta Steffen aus Berlin war traurig, weil es viel leichter gewesen wäre, Weltmeisterin zu werden, als sie zuvor gedacht hatte. „Man wird wohl den Weltrekord verbessern müssen, um zu gewinnen“, hatte sie im Vorfeld erklärt. Doch den Weltrekord hat sie immer noch.

Aber schon nach dem Start war klar, dass sie Gold verpassen würde. Britta Steffen hatte auf den ersten Metern einen kleinen Rückstand, und nach 25 Metern stellte sie erschreckt fest, „dass die Holländerin eine halbe Länge vor mir lag. Das war nicht gut für den Kopf.“ Dann sah sie unter Wasser auch noch, dass die Holländerin auch an der Wende klar vor ihr lag, und das fand die 23-Jährige „total doof“. Aber da war schon alles gelaufen. „Nach dem schlechten Start“, sagte Örjan Madsen, der deutsche Cheftrainer, „war keine Chance mehr auf einen Sieg, nicht bei diesem starken Feld.“

Nach 60 Metern war das auch Britta Steffen endgültig klar. „Da brach ich dann völlig ein. Ich hatte das Gefühl, dass ich schon 150 Meter geschwommen war.“ Hinfällig war damit auch die Taktik von Trainer Norbert Warnatzsch. „Sie sollte die ersten 50 Meter gut angehen, aber nicht überreizen, und die zweiten dann voll ballern.“ Aber es gab kein Ballern mehr. Warnatzsch war trotzdem „zufrieden“. Schließlich war es das erste große Finale von Britta Steffen. Und im Becken waren mit den Australierinnen Lisbeth Lenton und Jodie Henry, immerhin zwei ehemalige Weltrekordlerinnen über diese Strecke. Henry belegte lediglich den sechsten Platz.

Mag der Trainer zufrieden sein, Britta Steffen war es nicht. Sie entwickelt sich zum Siegertypen, eine Folge ihrer intensiven Arbeit mit der Psychologin Friederike Janofske. Und die Psyche hatte funktioniert, Steffen strahlte vor dem Start, lächelte dem Publikum zu und demonstrierte Selbstbewusstsein. Steffen diagnostizierte: „Mein Körper und Kopf waren heute nicht im Einklang, mein Körper war heute nicht bereit. Ich hatte noch die Staffel in den Knochen.“ Mit der 4-x-200-Meter-Freistil-Staffel hatte sie Silber gewonnen. Auch für Madsen war das „keine Kopfsache“. Es gab eine Szene, die zeigte, wie sehr Britta Steffen dieser dritte Platz frustriert hat. Irgendwann stellte einer der Reporter die nicht besonders originelle Frage: „Weshalb ist der Weltrekord heute nicht gefallen?“ Die sonst so freundliche Steffen sagte fast patzig: „Weil ich es nicht wollte.“

Andererseits ist sie nicht so weit, wie sie gern sein möchte. Andere Weltklasseschwimmerinnen absolvieren das doppelte Wettkampfprogramm. „Sie muss noch lernen, so eine hohe Belastung auszuhalten“, erklärte Warnatzsch. Britta Steffen hat gelernt, „dass ich im Hinblick auf die Olympischen Spiele noch etwas tun muss“.

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