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Gereift. Alexander Zverev zeigt in Paris bisher keine Nerven.

© imago/Paul Zimmer

Turnierfavorit bei den French Open: Alexander Zverev kann sich nur selber stoppen

Der Deutsche beweist in Paris Nervenstärke und peilt seinen ersten Grand-Slam-Titel an. Es spricht einiges dafür, dass es damit in diesem Jahr tatsächlich klappen könnte.

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Alexander Zverev war die Ruhe selbst. Während sein Achtelfinalgegner Holger Rune ständig in Richtung seiner Box gestikulierte, stand der Deutsche einfach nur da und wartete auf den nächsten Ballwechsel. In diesen Momenten im vorentscheidenden Tiebreak des vierten Satzes war der Unterschied der beiden Tennisspieler offensichtlich. Hier der emotionale Jungspund, dort der erfahrene Routinier. Letztlich gewann Zverev den Tiebreak souverän und danach auch das Match gegen den sechs Jahre jüngeren Dänen.

27 Jahre alt ist Zverev inzwischen, aufgrund seines Talents hätte er längst einen Grand-Slam-Titel gewinnen sollen. Doch in den vergangenen Jahren kam ihm stets zuverlässig etwas dazwischen, oft genug stand sich der Hamburger allerdings auch selbst im Weg. In die French Open startete er diesmal nicht nur als Mitfavorit, sondern als der womöglich aussichtsreichste Anwärter auf den Titel. Erst recht, nachdem er die Nervenprobe Rafael Nadal in der ersten Runde souverän bestehen konnte.

Zwei Fünfsatz-Matches hat Zverev nun nacheinander absolviert. Er fühle sich durchaus fit genug für weitere, auch wenn er nach seinem Sieg gegen Rune meinte: „Ich hoffe aber, dass ich auch irgendwann mal nicht in fünf Sätzen gewinne.“ Körperlich ist er voll auf der Höhe und mental lässt er sich nicht einmal vom Prozess in Berlin wegen des Vorwurfs der Körperverletzung gegen ihn ablenken. Gegen den Australier Alex de Minaur wartet am Mittwoch die nächste durchaus knifflige Herausforderung.

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Tiebreaks hat Zverev bei den French Open in seiner Karriere bisher gewonnen. Nur zweimal verlor er hier einen Satz mit 6:7.

Anders als in den Anfangsjahren seiner Karriere meistert Zverev diese aber in steter Regelmäßigkeit. In Paris peilt er seine vierte Halbfinalteilnahme in Serie an. Längst lässt er sich von Rückständen nicht mehr aus dem Konzept bringen. Gegen Tallon Griekspoor lag er in Runde drei bereits mit zwei Breaks und 1:4 im fünften Satz hinten, gewann am Ende aber doch. Und auch gegen Rune steckte er einen zwischenzeitlichen 1:2-Satzrückstand äußerlich nahezu gelassen weg.

Zverev ist auf dem Tennisplatz gereift. Die Zeit großer Ausraster ist genauso vorbei wie der komplette Kontrollverlust über sein Spiel. Natürlich, auch gegen Griekspoor und Rune machte er Fehler. Und zur Wahrheit gehört ebenso, dass er in Paris in diesem Jahr nach dem Nadal-Match spielerisch eher ein bisschen abgefallen ist. Aber wer will es ihm verdenken, angesichts eines gefühlten Endspiels gleich zum Turnierauftakt? Zverev gewinnt die entscheidenden Punkte, sein Aufschlag ist da, wenn er ihn braucht, und die früher gern mal wacklige Vorhand ist längst ein Gewinnschlag.

Ich hoffe aber, dass ich auch irgendwann mal nicht in fünf Sätzen gewinne.

Alexander Zverev über seine Marathonmatches in Paris

Für Zverev spricht in Paris auch die Verfassung der Konkurrenz. Sollte er es ins Halbfinale schaffen, ist es sehr fraglich, ob er es dort dann tatsächlich mit Novak Djokovic zu tun bekommt. Der Serbe hat Knieprobleme, die nach zwei Fünfsatzmatches in Folge zu einem verletzungsbedingten Aus im Turnier sorgen könnten. Nun wäre Casper Ruud trotzdem noch eine harte Aufgabe, zumal der Norweger Zverev im Vorjahr im Halbfinale keine Chance ließ. Und doch würde dort eben nicht der 24-malige Sieger eines Grand-Slam-Turniers und Titelverteidiger warten.

In der anderen Turnierhälfte stehen hinter Carlos Alcaraz und Jannik Sinner ebenfalls gesundheitliche Fragezeichen. Den Spanier plagen regelmäßig kleinere Wehwehchen, ähnlich wie bei Sinner war seine Vorbereitung verletzungsbedingt nicht optimal. In Sachen Fitness könnte Zverev hier in einem für beide Finalisten siebten Turnierspiel Vorteile haben. Um es so weit zu schaffen, muss sich der Deutsche zunächst einmal erholen und dann gegen de Minaur wieder bereit sein für möglicherweise erneut vier Stunden Schwerstarbeit auf dem Tennisplatz.

Anders als in der Vergangenheit ist Alexander Zverev bei diesen French Open aber längst kein Nebendarsteller mehr. Er hat das Zeug dazu, das Turnier zu gewinnen und damit endlich zu beweisen, dass er auch einen Grand-Slam-Titel holen kann. Ob er das schafft, hängt in diesem Jahr ganz entscheidend von ihm selbst ab.

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