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Mann im Walde. Noriaki Kasai auf dem Weg zum Training. Seit 1989 nimmt der Japaner am Skisprung-Weltcup teil, in Sotschi wird er wahrscheinlich seine achten Olympischen Spieler erleben.

© dpa

Skisprung-Methusalem Noriaki Kasai: Über alle Grenzen

Als Noriaki Kasai 1989 sein erstes Weltcupspringen absolvierte, waren einige seiner heutigen Konkurrenten noch gar nicht geboren. Doch mit 41 Jahren springt der Japaner noch immer in der Weltspitze.

Die Zuschauer im Kurpark Oberstdorf lachten herzlich, als sie Noriaki Kasais Antwort hörten. Wie lange er noch Springen wolle, hatte der Moderator den 41 Jahre alten Japaner bei der Vorstellung der Athleten vor der Vierschanzentournee gefragt. „Bis ich 50 Jahre alt bin“, hatte Noriaki Kasai gesagt. Und während das Publikum das für einen guten Witz hielt, ahnten diejenigen, die ihn näher kennen: Er meint das ernst.

Noriaki Kasai ist mit 41 Jahren in der Form seines Lebens. Vor dem abschließenden Springen der Vierschanzentournee in Bischofshofen lag er in der Gesamtwertung auf Rang vier, in der Endabrechnung wurde er dann Fünfter. Noch vor Gregor Schlierenzauer, dem besten Springer aller Zeiten, und allen deutschen Skispringern. „Was Kasai leistet, ist bemerkenswert, er hat ein fantastisches Flugsystem“, sagte der deutsche Bundestrainer Werner Schuster, nachdem Kasai in Titisee-Neustadt auf Rang drei geflogen war. „Es ist faszinierend, wie er die Grenzen im Kopf verschiebt.“

Als der Mann aus Shimokawa auf Hokkaido 1989 sein erstes Weltcupspringen absolvierte, waren einige seiner heutigen Konkurrenten wie der Österreicher Thomas Diethart noch nicht geboren. Doch im Gegensatz zu anderen Altmeistern des Skispringens wie Martin Schmitt (35 Jahre) oder Janne Ahonen (36 Jahre) mischt er inzwischen wieder die Weltspitze auf. „Es ist nicht auszuschließen, dass er noch mal einen Sieg landet“, glaubt Bundestrainer Werner Schuster.

Noriaki Kasai hat alle Entwicklungen des Skispringens mitgemacht. Die Einführung des V-Stils, das Leichtgewichtfliegen, die überdimensionalen Sprunganzüge. Ausgerechnet beim größten japanischen Erfolg im Skispringen, der Teamgoldmedaille von Nagano 1998, musste Noriaki Kasai seinen Platz kurzzeitig räumen. Seinen letzten Sieg feierte er 2004, jahrelang sprang er nur hinterher, doch die letzten Regeländerungen halfen ihm. Nach der Änderung der Sprunganzüge sind wieder eher sprungkräftige Athleten gefragt. „Und ich habe einen starken Willen“, sagt Noriaki Kasai, „ich will nicht gerne verlieren.“

Kurioserweise ist er noch nicht einmal der älteste im japanischen Team. Takanobu Okabe ist zwei Jahre älter, allerdings nicht mehr so erfolgreich. Bundestrainer Schuster sieht das hohe Alter des japanischen Teams auch in einem kulturellen Unterschied begründet. „Wenn in Japan ein Junger und ein Alter gleich gut sind, wird der Alte bevorzugt.“ Doch das ist nur die halbe Wahrheit. „Der japanische Skiverband hat nach dem Olympiasieg von Nagano die Nachwuchsarbeit vernachlässigt. Aber er hat auch nicht so viel Geld wie andere Verbände“, sagt die japanische Sportjournalistin Saho Kobayashi von der Agentur Jijipress. „Auch ist Skispringen bei den japanischen Kindern und Jugendlichen nicht mehr so populär.“

Die japanischen Springer sind alle bei Firmenteams angestellt. So erhält Kasai vom Bauunternehmen Tsuchiya Home ein regelmäßiges Gehalt plus Prämien. Womöglich auch ein Grund, warum er noch nicht so bald mit dem Skispringen aufhören will. Es gibt auch noch keine Familie oder Freundin, die in Japan auf ihn warten könnte. Weshalb Sotschi schon seine siebten Olympischen Spiele sein werden. Doch der Japaner denkt bereits an seine achten. „In vier Jahren finden die Winterspiele in Südkorea statt“, sagt Kasai, „solange ich keine Verletzung habe, sollte ich das auf jeden Fall schaffen.“ Er meint es wirklich ernst.

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