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Sport: Über den Dächern von Athen

IOC-Präsident Jacques Rogge glaubt inzwischen an das Gelingen der Spiele in Griechenland

Frankfurt (Main). Als Jacques Rogge zum Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gewählt wurde, war eine seiner ersten Absichten: mehr Bescheidenheit wagen. Den sprießenden Gigantismus der Olympischen Spiele wollte er beschneiden, das Ereignis kleiner und übersichtlicher machen. Doch bei den Spielen in diesem Jahr in Athen wird wohl wieder nichts daraus. Die griechische Regierung will zum Beispiel unbedingt ein gläsernes Dach über dem Olympiastadion haben – vom spanischen Stararchitekten Santiago Calatrava, einem Meister der Brücken- und Bahnhofsbaukunst. Aber die Bauarbeiten wurden unterbrochen, weil erst der Boden untersucht werden musste. Angeblich könnte der zum Teil unterhöhlte Untergrund das Dach mit seinen 1600 Tonnen Gewicht nicht tragen. Die Konsequenz für Jacques Rogge wäre: „Nach unserer Meinung ist das Dach nicht notwendig.“

Doch die Griechen bestehen auf einem Dach des berühmten Architekten, der auch den neuen U-Bahnhof für „Ground Zero“ in New York bauen soll. Schwer genug war den Organisatoren in Athen schon gefallen, einzugestehen, dass die Dachkonstruktion für das Schwimmstadion nicht wie geplant gebaut werden kann. Um die Griechen nun nicht bloßzustellen, hat Rogge am Donnerstag bei einem Besuch in Frankfurt am Main auch gesagt: „Das Dach wird den künstlerischen Wert des Olympiastadions erhöhen.“

Die Entscheidung der Regierung kann er nicht mehr beeinflussen, also versucht Rogge die langsamen Bauarbeiten zu erklären. Verzögerungen seien normal bei einem Projekt dieser Größe. Der Untergrund in Athen sei eben nicht wie jeder beliebige auf der Welt. Zum einen befinde sich die Stadt auf einem erdbebengefährdeten Gebiet, zum anderen stehe sie auf geschichtsträchtigem Boden. „Jedes Mal, wenn man eine Grube gräbt, stößt man auf die Reste eines Tempels“, sagte der IOC-Präsident.

In Frankfurt aß Rogge gemeinsam mit Walther Tröger zu Abend, dem Ehrenpräsidenten des Nationalen Olympischen Komitees. Tröger war am 4. Februar 75 Jahre alt geworden. Bei diesem festlichen Anlass kündigte Rogge auch seinen Besuch in Leipzig für den 19. und 20. April an, um sich über den deutschen Bewerber für die Spiele 2012 zu informieren. Doch vor allem versuchte er zu beruhigen, dass in Athen kein olympisches Chaos drohe. „Die Griechen haben mit ihren Vorbereitungen langsam angefangen. Wir haben sie deshalb verwarnt, und sie haben sich gesteigert. Wenn sie im selben Tempo weitermachen, werden die Spiele ein Erfolg.“

Seinen Optimismus verteilte Rogge gleichmäßig über alle Bereiche der olympischen Agenda. Der Fortgang der Bauarbeiten bereite ihm ebenso wenig Sorgen wie die Sicherheit und die Dopingfrage. „Es wird alles Menschenmögliche getan, um die Sicherheit zu gewährleisten“, sagte Rogge. Selbst die Führung der amerikanischen Bundespolizei FBI habe sich von den Sicherheitsmaßnahmen überzeugt. Während bei den Olympischen Winterspielen 2002 in Salt Lake City noch 350 Millionen Dollar in die Sicherheit investiert worden seien, handele es sich diesmal um 650 Millionen Dollar. Darin enthalten seien allerdings schon alle Maßnahmen, also zum Beispiel die Kosten für die Küstenwache. Auch der Gefährdung des Sports von innen, durch Doping, sieht Rogge mutig entgegen. Schließlich würden die Athleten in Athen zum ersten Mal auf das Designer-Steroid THG getestet und vielleicht auch zum ersten Mal auf das Wachstumshormon HGH.

Bei allen Aufrufen zur Bescheidenheit hätte sich Rogge in einem olympischen Wettbewerb etwas mehr Komfort gewünscht. Die Kugelstoßer werden im antiken Olympia ihre Sieger ermitteln – ohne klimatisierte Ruheräume und auf einem rutschigen Untergrund. Die Athleten waren davon begeistert, der IOC-Präsident hat sich gewundert.

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