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Unions Stadionausbau stockt: Für eine Hauptstadt mit Olympia-Hoffnungen ist das Gesamtbild lächerlich
Es gibt kaum einen Fußballverein in Berlin, der gerade keinen haarsträubenden, endlosen Bürokratie-Albtraum in Sachen Spielstätte durchlebt. Man könnte fast von Stadionallergie sprechen.

Stand:
Am Dienstag spielte Dirk Zingler sehr bewusst den besonnenen Diplomaten. Er wolle keinem – weder der BVG noch der Verkehrsverwaltung noch sonst jemandem – den Schwarzen Peter zuschieben, betonte der Präsident des 1. FC Union Berlin. „Am Ende gilt es, die Realitäten in unserer Stadt zu akzeptieren.“
Dabei hat sich in den letzten Tagen noch einmal deutlich gezeigt: Diese Realitäten können manchmal ziemlich traurig sein. Gerade für einen ambitionierten Fußballverein.
Acht Jahre ist es her, dass Union erstmals seine Pläne für ein größeres Stadion an der Alten Försterei vorgestellt hatte. Ursprünglich sollte das Projekt 2020 und damit zum 100. Jubiläum der Spielstätte fertig sein. Nun schreiben wir das Jahr 2025 und der Klub wartet immer noch auf die Genehmigung eines Verkehrskonzepts.
Grund dafür sind in erster Linie die Realitäten dieser Stadt. Der Ausbau des Bahnhofs Köpenick verzögert sich. Die Bauarbeiten an der neuen Westumfahrung Bahnhofstraße haben gar nicht erst begonnen. Für die neue Tram-Endhaltestelle musste zunächst ein Platz gefunden werden.
Ein bisschen Mitleid darf man haben
Der gefundene Platz im Wald musste dann aus Naturschutzgründen geprüft werden, und später stellte sich laut Zinglers Darstellung heraus, dass es sowieso keinen Bahnstrom dafür gäbe.
Eine typische Berliner Geschichte also, wo die Zuständigkeit auf so vielen Schultern verteilt ist, dass sich am Ende keiner wirklich zuständig fühlt.
Nun hat Zingler recht, nicht mit dem Zeigefinger zu wedeln. Zu einer funktionierenden offenen Gesellschaft gehört eben eine akribische Bürokratie, in der Verantwortung geteilt wird und Interessen ausgeglichen werden. Über Behörden-Pingpong zu jammern, ist am Ende genauso unsinnig wie das Behörden-Pingpong selbst.
Ein bisschen Mitleid mit Union muss man trotzdem haben. Der Verein zeigt sich seit Jahren kompromissbereit. Er hat sich weder vor emotional schwierigen Entscheidungen noch vor eigenen Kosten versteckt. Allein für die Gutachten zur Tramhaltestelle hat Union laut Zingler „hohe sechsstellige Beträge“ ausgegeben, auch das neulich von der Verwaltung abgelehnten Shuttle-Bus-Konzept wollte der Klub selbst zahlen. Dennoch scheitert er immer wieder an den Realitäten dieser Stadt.
Damit ist Union nur ein Teil einer in Berlin endemischen Stadionallergie. Von Union und Hertha bis in die unteren Ligen gibt es kaum einen Fußballverein in Berlin, der gerade keinen haarsträubenden, endlosen Bürokratie-Albtraum in Sachen Spielstätte durchlebt. In jedem einzelnen Fall gibt es sicherlich dafür unterschiedliche Gründe. Das Gesamtbild ist für eine europäische Hauptstadt, die sich Hoffnungen auf eine erfolgreiche Olympia-Bewerbung macht, trotzdem lächerlich.
In diesem Kontext ist Unions neuester Schachzug, die Auslastung des Stadions zu reduzieren, vor allem eine politische Ansage. Nicht umsonst betonte Zingler am Dienstag immer wieder, dass die Entscheidung mit Bürgermeister und Senat abgesprochen sei. Die Botschaft ist klar: Der Verein arbeite nach wie vor lösungsorientiert und der politische Wille sei da. Jetzt fehlen nur die Realitäten dieser Stadt.
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