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Unions Andrej Ilic (2. v. l.) erzielte doch nicht sein erstes Pflichtspieltor in dieser Saison.

© imago/Contrast/IMAGO/O.Behrendt

VAR-Ärger verdeckt Offensivprobleme nicht: Der 1. FC Union stagniert im Spiel mit dem Ball

Acht Jahre Videobeweis und noch immer sorgt er für hitzige Diskussionen. Doch die größere Baustelle der Köpenicker bleibt beim 0:0 gegen Freiburg ihr ideenloses Offensivspiel.

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Es war eine Woche voller Widersprüche im deutschen Profifußball – und der Verursacher dafür einmal mehr der Videobeweis. Im einen Moment wünschten sich nicht wenige den Videoschiedsrichter sehnlichst zurück, im anderen hagelte es Kritik von allen Seiten. Während der DFB-Pokal in den Runden vor dem Achtelfinale ohne ihn auskommt und das zumindest von Fans oftmals zelebriert wird, gehört er in der Bundesliga seit nunmehr acht Jahren zum Alltagsgeschäft.

Acht Jahre, nach denen man durchaus erwarten dürfte, dass der VAR mittlerweile einwandfrei funktioniert. Das Duell zwischen dem 1. FC Union und dem SC Freiburg am Samstag bewies jedoch einmal mehr das Gegenteil. „Wir haben ein Tor gemacht, das aus meiner Sicht zählen muss“, war das Einzige, was sich Unions Trainer Steffen Baumgart auf der Pressekonferenz zu diesem Thema in der Alten Försterei entlocken ließ. Sein Gegenüber, Julian Schuster, kritisierte lediglich die zu harte Linie des Schiedsrichters Sören Storks.

In einer rekordverdächtig kurzen Pressekonferenz, die gerade mal vier Minuten und 20 Sekunden dauerte, waren sich die beiden Trainer damit eigentlich in allem einig: Schiedsrichter Storks und der VAR haben eine schwache Leistung gezeigt, das 0:0-Unentschieden geht trotzdem für beide in Ordnung. „Es war ein Kampfspiel, wo es sehr zu erwarten war, dass beide Mannschaften ihre Stärken auf den Platz bringen. Die habe ich gesehen und das 0:0 hilft uns auf lange Sicht auf jeden Fall weiter“, bilanzierte Baumgart nüchtern.

Seine Spieler haderten allerdings deutlich mehr mit dem vermeintlichen 1:0 in der 63. Minute, das erst nach ganzen vier Minuten und 25 Sekunden aberkannt wurde. „Wo kommen wir eigentlich hin, wenn der Videoschiedsrichter Storks da rausschickt? Entweder es ist Abseits oder es ist kein Abseits, ob aktiv oder passiv interessiert nicht, warum mischt er sich da ein“, wütete Horst Heldt, Unions Sportlicher Leiter später bei Sky.

Beim Treffer von Andrej Ilic nach einer Ecke von Christopher Trimmel soll sich Rani Khedira beim Zweikampf mit Lucas Höler im passiven Abseits befunden haben. Da er dabei möglicherweise Freiburgs Torwart Noah Atubolu die Sicht versperrt hat, entschied Schiedsrichter Storks auf aktives Abseits. „Ich behindere den Torwart auf keinen Fall, bin selbst im Gerangel mit einem Spieler, der Torwart hat freie Sicht auf den Schützen“, sagte Khedira, nachdem Atubolu Sekunden zuvor noch das Gegenteil behauptet hatte.

Union wird nur bei Standards gefährlich

Letztlich war der VAR Gesprächsthema Nummer eins an diesem Samstagnachmittag in Köpenick. Das ist angesichts der eher durchwachsenen sportlichen Leistung beider Teams nicht verwunderlich. Doch zur Wahrheit gehört auch, dass ein Sieg Unions nicht unbedingt verdient gewesen wäre. Beide Mannschaften zeigten sich gegen den Ball stabil, konnten sich aus dem Spiel heraus aber kaum Chancen erspielen.

Dass wir nicht so nach vorne gekommen sind, lag daran, dass Freiburg in der ersten Halbzeit die Tiefe gut zugemacht hat.

Steffen Baumgart, Trainer des 1. FC Union

Freiburgs Defensive hat Union vor allem in Halbzeit eins fast schon spielerisch leicht vom eigenen Tor weggehalten. „Dass wir nicht so nach vorne gekommen sind, lag daran, dass Freiburg in der ersten Halbzeit die Tiefe gut zugemacht hat“, meinte Baumgart. In Zahlen spiegelt sich das in sieben Ballkontakten im gegnerischen Strafraum sowie einem einzigen Torschuss wider – durch Mittelfeldspier Andras Schäfer. Die erste Hälfte war ein Beleg für die Offensivschwäche der Köpernicker in den jüngsten Spielen. Vier der fünf letzten Pflichtspieltore Unions wurden von gelernten Abwehrspielern erzielt.

Das Problem liegt dabei sicher nicht an fehlendem Engagement der Stürmer. Tim Skarke und Ilic liefen die Freiburger immer wieder an und sorgten damit dafür, dass Union seinerseits das Zentrum verdichten konnte. Daraus resultierte allerdings, dass nach vorne wenig, bis nichts ging. „Wir wollten das ein bisschen anpassen und eher vor die Kette spielen, was uns dann in der einen oder anderen Situation gelungen ist“, sagte Baumgart.

In Halbzeit zwei kam Union zudem die kleinliche Linie des Schiedsrichters zugute, sodass es bei einem Foulverhältnis von 20 zu 13 zu zahlreichen Freistößen kam. „In der zweiten Halbzeit war das Spiel sehr unruhig, sehr zerfahren, viele Unterbrechungen, viele Fouls, das ist nicht schön“, sagte Freiburgs Trainer Schuster. „Union ist gerade über diese Standard-Situationen unglaublich gefährlich und hat da eine enorme Qualität.“

Doch auch Unions aktuell einzige Waffe in der Offensive sollte am Sonnabend nicht von Erfolg gekrönt sein. Und so bleibt letztlich vom Nachmittag in Köpenick weniger die Schiedsrichterdebatte als die Erkenntnis, dass Union dem eigenen Offensivspiel dringend auf die Sprünge helfen muss.

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