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Trainer und Zauberfußbesitzer. Diego Armando Maradona, Argentiniens lebende Legende.

© Alejandro Pagni/AFP

Kolumne „Fußball spielen“: Verbal, nonverbal, ganz egal

Kommunikation ist im Fußball wichtig, nervt aber auch – besonders, wenn der Trainer spricht. Was wirklich zählt, weiß unser Kolumnist.

Von David Joram

Was die Debattenkultur betraf, war die (leider verschwundene) soziale Plattform StudiVZ genial. Sie bot Gruppen, in denen sich ausschweifend über die wichtigen Dinge des Leben debattieren ließ. Zum Beispiel über Freistöße von David Beckham in der Gruppe „Freistöße schießen wie David Beckham, Grundkurs I“.

Technik sei wichtig, hieß es da. Noch wichtiger aber: Kommunikation. Jeder Freistoß wirft nun mal essentielle Fragen auf: Wer tippt an? (Der Gefoulte.) Wer irritiert die Mauer? (Der Dickste.) Wer lauert auf den Abpraller? (Häufig keiner.) Wer darf schießen? (Die meisten besser nicht.) Und ganz wichtig: Wer darf auf keinen Fall schießen? (Linksverteidiger!)

Es sind Grundsatzfragen, die umso gründlicher geklärt werden müssen, je kürzer der Weg vom Freistoßort zum gegnerischen Tor ist. Das ist bei meiner Kreisliga-B-Elf genauso – aber erst seit dieser Saison. In der vergangenen Runde schoss immer Volkan. Der Rest ergab sich. Volkans linker Fuß hatte Maradonaformat. Sein Auto, ein schwarzer Mercedes, ebenfalls. Nur der Stern des Autos (das auf Volkans Vater lief) glänzte heller als die Zukunftsperspektive unseres Zehners. Prompt war er weg. Raus aus der „Zweiten“, rein in die „Erste“. Kreisliga A statt B, Ruhm statt Rum.

Wir in der „Zweiten“ müssen nun enger zusammenrücken, obwohl in der Kabine eh kaum Platz ist. Ohne den Freistoßkönig muss auch die Kommunikation wieder neu belebt werden, übrigens nicht nur beim Freistoß. Es gibt ja immer was zu besprechen. Zum Beispiel Fehlerketten wie jene, die uns jüngst das Gegentor zum 2:3 in der Nachspielzeit eingebrockt hat. Ärgerliche Geschichte. Da hilft nur eine ehrliche Analyse.

Wobei ehrliche Analysen meist die Dinge thematisieren, die ohnehin keiner mehr lernt – Einwürfe zum Beispiel. Also höre ich lieber weg. Darf nur der Coach nicht spitzkriegen. Clevere Spieler (wie ich) setzen dann eine Miene wie bei der Trauerfeier des Uronkels der neuen Freundin auf, bilden ein Hohlkreuz und verschränken die Arme hinterm Hohlkreuz-Rücken. Das signalisiert Ernsthaftigkeit, der Trainer fühlt sich verstanden. Kommunikation, auch nonverbale, ist alles.

Wer am analysefähigsten ist, zeigt das abschließende Trainingsspielchen. Unser Coach teilte jüngst in eine „erste Elf“ und ein „sogenanntes Looserteam“ auf. Ein paar Spieler fanden das pädagogisch fragwürdig. Ich durfte „erste Elf“ spielen und fand’s angemessen. Leider fehlte der ersten Elf Volkans Maradonafuß, weshalb nicht mal ein Standardtor gelang. 0:0. Gegen das sogenannte Looserteam. Wir kickten wie die StudiVZ-Gruppe „Jetzt machen wir erstmal nichts und dann warten wir ab.“ Das muss analysiert werden! Aber ehrlich.

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