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Alexander Zverev kämpfte beim Laver Cup gegen Taylor Fritz, aber momentan reicht es einfach zu oft nicht für den Deutschen.

© Imago/David Gonzales

„Verdammt noch mal, attackiere, geh‘ voll drauf!“: Zverev verliert beim Laver Cup entscheidendes Match

Team Europa verpasst die Titelverteidigung beim Laver Cup, auch weil Alexander Zverev weiter mit sich und seinem Spiel hadert. Dabei könnte es so einfach sein, glaubt zumindest eine Tennislegende.

Von Dietmar Gessner

Stand:

John McEnroe ist Niederlagen gegen Alexander Zverev gewohnt. Seit 2017 spielt der Hamburger für das Team Europa beim Laver Cup und hat dabei neun seiner 16 Partien gegen das bis zum Vorjahr von Tennis-Legende McEnroe als Kapitän angeführte Team Welt gewonnen.

Bei der achten Auflage dieses Mannschafts-Wettbewerbes unterlag Europa am Wochenende in San Francisco mit 9:15. Zverev verlor seine beiden Partien gegen Alex de Minaur und seinen Angstgegner Taylor Fritz deutlich in zwei Sätzen. Das 3:6, 6:7 (4:7) gegen Fritz am Sonntagabend besiegelte dabei die durchaus überraschende Niederlage des Europa-Teams.

Zverev hatte sich von seiner Wohlfühl-Oase Laver Cup Besserung erhofft: aggressiveres Spiel, mehr Selbstvertrauen, Rückkehr zu alter Stärke. Doch so kam es nicht.

Für John McEnroe ist das ein Rätsel. Der ehemalige Weltranglistenerste und siebenmalige Grand-Slam-Gewinner sitzt im dunklen Eck-Bereich des Rocket-Club, wo sich beim Laver Cup im Chase Center von San Francisco die VIPs tummeln. Er trägt ein ausgewaschenes graues T-Shirt und ein Baseball-Cap.

Dabei redet er voller Enthusiasmus über seinen Konzert-Besuch bei Oasis, schwärmt davon, wie cool US-Schauspieler Billy Bob Thornton doch sei, und dass Jimi Hendrix der beste Gitarrist aller Zeiten ist. Alles Freigeister wie er. Es fällt McEnroe fast schwer, zum Therma Tennis zu wechseln. Doch immerhin ist da der junge Wilde aus Brasilien, João Fonseca, 19 Jahre, Top-Talent. „Großartig, wie er spielt. Mit Wucht und Mut, der geht voll drauf“, schwärmt McEnroe – und damit ist er bei Zverev.

McEnroe ereifert sich geradezu: „Bei Zverev denke ich. Verdammt noch mal, attackiere mit der Vorhand, geh‘ voll drauf!“ Er versteht einfach nicht, dass Zverev sein Spiel nicht mutiger gestaltet. Das ist keine so neue Erkenntnis. Aber Tatsache ist auch, dass Zverev mit seiner Art zu spielen zu einem der besten Tennisprofis der Welt wurde und so bisher über 54 Millionen US-Dollar an Preisgeld eingenommen hat.

Seit 2017 hält sich Zverev dauerhaft zur Jahresendabrechnung in den Top Ten (Ausnahme ist nur das Jahr 2022, als er lange verletzt war). Er liegt aktuell auf Rang drei der Weltrangliste, hat 24 Titel gewonnen und wurde 2021 Olympiasieger. 2021 war generell sein bestes Jahr, mit zudem fünf Turniersiegen auf der ATP-Tour.

In diesem Jahr hat Zverev bisher nur beim Turnier in München – an seinem 28. Geburtstag am 20. April – triumphiert. 2025 ist ansonsten schwierig für ihn: es begann großartig – mit dem Finaleinzug bei den Australian Open (dort verloren gegen Jannik Sinner). Doch seitdem läuft es nicht mehr so recht.

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Niederlagen in Folge hat Zverev jetzt gegen Fritz kassiert

Bei den US Open schied er zuletzt in der dritten Runde aus. Danach hat er zwei Wochen pausiert. Vor allem, um den leicht angeschlagenen Rücken nicht zu belasten. Aber sind es überhaupt körperliche Probleme, die ihn aktuell schwächeln lassen?

Bereits zuvor, nach dem Erstrunden-Aus in Wimbledon, hatte er offenbart, dass er sich leer fühlt, nicht glücklich. Das sei nun anders, hat er beim Laver Cup in San Francisco versichert: „Mit geht es gut, ich fühle mich wohl auf dem Platz, ich fühle mich wohl im Leben. Mir geht es viel besser als nach Wimbledon.“

Gesundheitliche Fragezeichen bleiben bei Zverev

Zverev wirkt dabei kämpferisch. Trotz der Rückenprobleme („nichts Schlimmes“). Er ist nicht gewillt, sich daran zu gewöhnen, bei Turnieren nicht mehr zu den Titelfavoriten zu gehören. Auch die aktuell so erdrückend wirkende Dominanz der beiden Ausnahmekönner Carlos Alcaraz und Jannik Sinner möchte er nicht hinnehmen und sagt: „In 2026 geht es für uns, die wir hinter ihnen sind, darum, das zu ändern.“ Aber er wird sein Spiel erweitern müssen, um das zu erreichen. Das räumt er ein: „Es ist ein Prozess. Und es ist ein Prozess, mit meinem Team, das hinter mir steht.“

Seine Versuche, Toni Nadal (er machte als „Onkel Toni“ Rafael Nadal zum Ausnahme-Spieler) in sein Trainerteam zu holen, dokumentieren das. Zverev arbeitet daran, sein Potenzial wieder komplett abzurufen und bestenfalls zu erweitern.

Sein Ehrgeiz scheint ungebrochen. Der Laver Cup mag in erster Linie ein Tennis-Entertainment-Event sein, dessen sportlicher Wert nachrangig ist. Aber bei der Niederlage gegen de Minaur schleuderte er wutentbrannt über seine eigene Leistung den Schläger Richtung Trainerbank, verfehlte dabei seinen neuen europäischen Teamkapitän Yannick Noah nur knapp.

Das brachte ihm Pfiffe des Publikums ein. Aber McEnroe wertete diesen emotionalen Ausbruch eher positiv, als Zeichen von Motivation und Anspruch: „Sascha hatte auch schon mal Probleme mit dem Aufschlag, die hat er gemeistert. Das zeigt, dass er Hindernisse überwinden kann.“

Die Britpop-Ikonen von Oasis seien bei ihrem völlig überraschenden Comeback – nach dem Überwinden einiger Hindernisse – nach McEnroes Einschätzung schließlich auch besser als je zuvor.

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