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Gefallener Derbyheld. Sebastian Polter, bei Union zumeist Bankdrücker, wird sich aus Köpenick verabschieden.

© Andreas Gora/dpa

Vereinssuche in Coronavirus-Zeiten: Sebastian Polter ist in einer kniffligen Lage

Der Derbyheld des 1. FC Union sucht zur neuen Saison einen Verein, der ihm seine Vorstellungen erfüllt. Doch das Coronavirus erschwert den Poker.

Von David Joram

In der Krise schrumpfen die Ansprüche, das ist bei Sebastian Polter kaum anders. „Ich hoffe, dass ich mal wieder einen reinknallen kann“, sagt der Fußballprofi des 1. FC Union. Und das nicht irgendwie. Ein Torhüter solle bitteschön schon im Tor stehen, wenn Polter, der gelernte Mittelstürmer, den Ball auf selbiges schießt, drischt, haut, schnibbelt, hämmert oder eben knallt.

Für den Akt des Torschusses hat die Fußballsprache dankenswerterweise dutzende Synonyme geschaffen, allerdings mangelt es derzeit an Anwendungsmöglichkeiten. Zwar habe er in den vergangenen Trainingseinheiten wohl aufs Tor geschossen, bemerkte Polter, „aber da stand kein Torwart im Tor“ – und dann macht die Sache halt doch keinen Spaß.

„Ich werde nicht arbeitslos sein“

Für Polter ist die aktuelle Bundesliga-Pause, die das Coronavirus den Spielern auferlegt hat, aber noch aus einem ganz anderen Grund keine Spaßveranstaltung. Weil er im Training weder Bälle aufs Tor hauen kann noch seinen wuchtigen Körper in Zweikämpfe werfen darf, wird er sich Trainer Urs Fischer nur bedingt für mögliche Spiele ab dem 9. Mai aufdringen können.

Spielzeit aber wäre wichtig, denn Polter will und wird den 1. FC Union nach dieser Saison verlassen. Das hat er längst so verkündet – allerdings zu Zeiten, in denen der Transfermarkt frei von pandemischen Coronaviren war und für Spieler deshalb weitaus rentabler.

„Ich werde nicht arbeitslos sein“, sagt Polter, wenn er auf die Zeit nach Union angesprochen wird. Allerdings dürfte der Stürmer durchaus gewisse Ansprüche an seinen neuen Arbeitgeber stellen, oder wie Polter es ausdrückt: „Das komplette Paket muss passen.“ Sowohl finanziell, weil Polter mit seinen 29 Jahren so viele lukrative Verträge nicht mehr abschließen wird, als auch sportlich und familiär.

Die Kinder leben in Wolfsburg bei Polters früherer Frau, die Distanz dorthin will der Vater allzu groß nicht werden lassen. Und sportlich? Traut er sich die Bundesliga nach wie vor zu. Auch an einem Spitzenteam der Zweiten Liga fände er wohl Gefallen, sofern die Bezüge stimmen würden.

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Zu einer möglichen Anstellung bei einem Klub außerhalb Deutschlands sagt Polter: „Ja, natürlich, warum nicht?“ Von Juli 2015 bis Januar 2017 war er schon einmal außer Landes beschäftigt, damals beim englischen Zweitligisten Queens Park Rangers.

Ins Schaufenster hat Polter sich in dieser Spielzeit allerdings nicht unbedingt gestellt. An seinem Konkurrenten Sebastian Andersson, der bereits elf Saisontore erzielt hat, kam er bislang nicht vorbei. Zwölf Bundesliga-Einsätze, davon lediglich zwei von Beginn an, dienen nicht für Werbung in eigener Sache. Und die beiden Saisontore resultierten aus Elfmetern, darunter wenigstens der 1:0-Siegtreffer gegen Hertha BSC im Stadtduell.

Seit November ist Polter deshalb Unions Derbyheld, indes einer, der hernach viel Frust schob und sich öffentlich über seine Reservistenrolle beschwerte, verbunden eben mit dem Hinweis, ab Sommer das Kapitel Union beenden zu wollen. Die Coronavirus-Krise ändert an diesem Beschluss nichts, wohl aber an Polters Optionen. Es gebe zwar immer mal wieder eine Anfrage, „gerade ist es aber ruhiger“, sagt Polter.

Er könne das gut nachvollziehen, dass die Klubs aktuell eher an den laufenden Betrieb denken als an mögliche Transfers für die neue Saison. Erstmal will ja auch er seine Aufgabe erfüllen, nämlich „mit dem Verein den Klassenerhalt schaffen“. Vielleicht kann Sebastian Polter danach auch wieder ganz andere Ansprüche stellen als derzeit.

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