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Strecken für den Trainer. Die Bayern-Torhüter Sepp Maier (li.) und Hugo Robl (re.) mit Dettmar Cramer im Jahr 1975.

© dpa/Schnörrer

Nachruf auf Dettmar Cramer: Viele Erfolge und ein Tag bei Hertha

Napoleon nannten sie Dettmar Cramer: Einen Tag war der Mann bei Hertha BSC - die Initialzündung für seine große Trainerkarriere. Ein Nachruf.

Dettmar Cramer hat nie öffentlich gesprochen über seine Zeit als Trainer bei Hertha BSC. Es war eine kurze Zeit, sie währte gerade einen Tag, und doch gäbe es da einiges zu erzählen. Über Berti Vogts, Uli Hoeneß und Paul Breitner, alle waren sie gerade Weltmeister geworden und dem neuen Trainer als Verstärkungen versprochen worden. Als Cramer aber im Juli 1974 zum ersten Mal auf dem Trainingsplatz stand, war da kein Vogts, kein Hoeneß, kein Breitner. Noch am selben Abend annullierte er seinen Vertrag und das Kapitel Berlin war beendet.

Als nun in den frühen Morgenstunden des Freitags die Nachricht vom Tod des Fußballprofessors die Runde machte, öffnete auch Hertha BSC im Internet ein virtuelles Kondolenzbuch. Cramer wurde 90 Jahre alt, er hat auf der ganzen Welt und in so vielen Ländern gearbeitet, dass die Zahl seiner Auslandsstationen kaum mehr exakt bestimmt werden kann, es waren wohl mehr als 90. Mit Udo Lattek amtierte er als Assistent von Bundestrainer Helmut Schön bei der Weltmeisterschaft 1966 in England. Seine größten Erfolg aber hatte er dem kuriosen Abschied aus Berlin zu verdanken.

Cramer langweilte sich auf seinem Posten als Nationaltrainer der USA und war frei, als ein halbes Jahr später der FC Bayern rief. Mit den Münchnern spielte er in der Bundesliga zwar nur im Mittelmaß, gewann aber zweimal den Europapokal der Landesmeister. Karl-Heinz Rummenigge erzählt heute noch gern, wie er 1976 vor dem Finale gegen AS St. Etienne so aufgeregt war, dass ihm Cramer einen Kognak zu trinken gab und später noch einen zum Nachspülen.

Torhüter Sepp Maier nannte ihn wegen seiner bescheidenen 161 Zentimeter Körperlänge den laufenden Meter. Cramer nahm es sportlich, wie auch seinen zweiten Spitznamen Napoleon. Es war Franz Beckenbauers damalige Lebensgefährtin Diana Sandmann, die ihn im Münchner Olympiastadion mit der Uniform des französischen Kaisers fotografieren durfte, und Cramer steckte sogar stilgerecht die Fingerspitzen in die rote Weste.

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