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Sport: Vom Helden zum Sünder und zurück Radprofi Contador wird trotz Dopings gefeiert

Aus Pfiffen werden Streicheleinheiten. Als das französische Fernsehen Alberto Contador noch einmal mit Bildern von dem Pfeifkonzert bei der Teampräsentation vor einer Woche konfrontierte, hatte sich die Realität schon längst geändert.

Aus Pfiffen werden Streicheleinheiten. Als das französische Fernsehen Alberto Contador noch einmal mit Bildern von dem Pfeifkonzert bei der Teampräsentation vor einer Woche konfrontierte, hatte sich die Realität schon längst geändert. Und das Fernsehen, das gewöhnlich die Tour de France als ein Nationalheiligtum behandelt und jetzt wenigstens einmal kritisch sein wollte, hatte von der neuen Wendung mal wieder nichts bemerkt.

Kein einziger Pfiff ertönt, als Alberto Contador aus dem Teambus von Saxo Bank steigt – obwohl ihm nach der Tour ein Dopingprozess bevorsteht. Neugierig wird er umringt. Ein paar Leute halten ihm Autogrammkarten entgegen, die er hastig unterschreibt. Andere bitten ihn, sich in Positur für ein Erinnerungsfoto zu stellen. Offensichtlich überrascht kommt Contador der Aufforderung nach. Der Spanier scheint dem Frieden noch nicht ganz zu trauen. Doch es ist tatsächlich so. Kein Pfiff ertönt, keine abfällige Bemerkung wird gemacht, keine Stirn legt sich in strenge Falten. Der Wind hat sich gedreht. Alberto Contador gewinnt wieder in der Gunst der Zuschauer. Der französischen zumindest. La Grande Nation hat ein Faible für fallende Heroen entwickelt. Und seitdem Contador zunächst auf der ersten Touretappe wegen eines Massensturzes 1.14 Minuten auf seinen Rivalen Andy Schleck verlor und beim Teamzeitfahren am Sonntag noch weitere 24 Sekunden aufgebrummt bekam, ist er ein solcher Held. Selbst die abermalige Wende zum Triumphator könnte Contador noch gelingen: Auf der vierten Etappe nahm er Schleck vier Sekunden ab, die fünfte war bei Redaktionsschluss noch im Gange.

Auf der anderen Seite das Kanals sind erste Ängste zu vernehmen. „Guardian“-Autor William Fotheringham befürchtet weitere Sympathiegewinne Contadors, wenn der nun zu einer großen Aufholjagd startet. „Es wäre schwer, ihm deswegen keinen Respekt entgegenzubringen“, schreibt Fotheringham und zieht einen Vergleich zur Tour de France 1998. Da fuhr sich der mit Epo aufgepumpte Marco Pantani nach dramatischen Rückständen Tag für Tag näher an Jan Ullrich heran, um diesem dann in den Alpen den letzten Schlag zu versetzen.

Gelänge Contador jetzt Gleiches gegen Schleck, wäre ihm eine gewisse Zuneigung sicher. Doch was geschieht, wenn ihm dann der Sportgerichtshof Cas das Erreichte wieder abnimmt? Wer dieser Tage Radsport schaut, muss auf ein emotionales Durcheinander gefasst sein.

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