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Die Fans des FC Liverpool verschaffen sich Gehör.

© imago/Panoramic International

Warum der FC Liverpool zurückrudert: Die Macht der Fans ist größer als viele denken

Der FC Liverpool schickt doch keine Mitarbeiter in den Zwangsurlaub. Der Aufschrei der Fans hat gewirkt. Das sollte auch andere Fans motivieren. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Johannes Nedo

Wenn eine Fußballmannschaft ein Heimspiel auf besondere Weise gewinnt, sei es, indem sie den Gegner schwindelig spielt oder einen Rückstand noch in einen Sieg umwandeln kann, lassen sich die Klubverantwortlichen danach eigentlich immer zu folgendem Zitat hinreißen: Besonders die Fans hätten mit ihrer einzigartigen Unterstützung zum Sieg beigetragen. Ohne sie gehe ja gar nichts. Blablabla.

So oder ähnlich werden die Zuschauer dann gebauchpinselt. Andererseits haben immer mehr Fußballfans das Gefühl, von den Chefs ihres Lieblingsvereins nur noch als zahlende Kundschaft gesehen zu werden. Sie dürfen applaudieren, jubeln und Trikots kaufen, aber ansonsten sollten sie die Entscheidungen des Klubs doch bitte hinnehmen und die Verantwortlichen machen lassen. Sei es bei der Auswahl fragwürdiger Sponsoren oder höheren Ticketpreisen.

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Für alle Fans, die sich angesichts dessen ohnmächtig fühlen, gibt es nun einen prominenten Fall, der zeigt: Die Macht der Fans ist groß. Selbst gegenüber den Giganten unter den Klubs. Wenn sie stark und geschlossen ihren Unmut äußern, finden sie Gehör. Und dann knicken die Vereine sogar ein. So ist es gerade beim FC Liverpool geschehen.

Am vergangenen Samstag hatte der englische Tabellenführer mitgeteilt, etwa 200 Mitarbeiter in den Zwangsurlaub zu schicken und ein Coronavirus-Hilfsprogramm der britischen Regierung zu nutzen, bei dem 80 Prozent der Löhne vom Staat übernommen werden. Zwar wollte der Verein die restlichen 20 Prozent beisteuern, damit die Mitarbeiter keine Einbußen haben. Anderseits erhalten die Spieler und Trainer Jürgen Klopp weiter ihre Millionengehälter. Der Aufschrei der Liverpool-Fans war riesig.

Die Fans erinnerten die Klubführung an ihre Verantwortung

Denn der Klub hat erst im Februar einen Gewinn von fast 48 Millionen Euro vermeldet. Zudem gehört der FC Liverpool mit einem Eigenkapital von 280 Millionen Euro zu den reichsten Vereinen der Welt.

Dass dieser Klub also Steuergelder nutzen wollte, brachte die eigenen Fans gewaltig auf. Die Fan-Vereinigung des FC Liverpool, Spirit of Shankly, sah sich zu einem Offenen Brief an die Vereinsführung genötigt: Die Reputation und die Werte des Klubs würden damit enorm beschädigt.

Benannt ist die Dachorganisation der Liverpooler Fanklubs nach dem legendären Trainer Bill Shankly. Er prägte den Vereinsleitspruch: „We are Liverpool. This means more.“ Diese besondere Verantwortung und die große emotionale Kraft des Klubs traten die Vereinschefs mit Füßen. Die Kritik daran wurde immer lauter – bis auch ehemalige Spieler einstimmten, etwa Jamie Carragher, Dietmar Hamann oder Stan Collymore. „Ich kenne keinen Liverpool-Fan, der nicht von der Entscheidung des Klubs angewidert ist“, twitterte Collymore.

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Am Montagabend ruderte die Vereinsführung dann zurück, schickte die Mitarbeiter nicht in Zwangsurlaub und entschuldigte sich. Dazu haben vor allem die Fans mit ihrem immensen Druck beigetragen. Wie 2016, als sie sich gegen höhere Kartenpreise einsetzten, war ihr Engagement erfolgreich.

Das sollte alle Fans motivieren, sich nicht nur als Operettenpublikum zu sehen, sondern die eigene Stimme immer wieder zu erheben. So wie es in Deutschland vor allem die Mitglieder der aktiven Fanszenen immer wieder tun. Denn irgendwann hören selbst die Vertreter des Fußballgeschäfts, die nur auf Profit gepolt sind, auf die Fans.

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