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Sport: Weniger wollen, mehr erreichen

Wie aus Sigurd Pettersen ein Siegspringer wurde

Bischofshofen. Es ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil, nach dem Gewinn eines Skispringens bei der Vierschanzentournee auf einem Podium Fragen beantworten zu dürfen. Der Norweger Sigurd Pettersen zum Beispiel konnte nach seinem ersten Sieg ein unsinniges Gerücht ausräumen, das im Internet über ihn kursierte. Dort wurde kolportiert, dass sein norwegischer Spitzname übersetzt „der härteste Kerl auf Erden“ hieße. Was bereits verwundert, wenn man den schmalen, leichtgewichtigen 23-Jährigen das erste Mal sieht. Das mit dem härtesten Kerl auf Erden stimmt gar nicht. „Mein Spitzname ist Sigen“, sagt Sigurd Pettersen. Das ist einfach die Abkürzung seines Vornamens und heißt – überhaupt nichts.

Der neue Sieger der Vierschanzentournee ist ein nicht ganz so harter Jüngling aus Veggli in Norwegen, der allerdings großen Mut und Selbstbewusstsein besitzt. Seit seinem neuen Schanzenrekord von 143 Metern in Oberstdorf hatte Sigurd Pettersen die Favoritenrolle bei der Vierschanzentournee inne, dabei hatte er vor Oberstdorf nur drei Weltcupspringen gewonnen. Trotzdem ging er souverän mit der ungewohnten Rolle um. Es folgten die Plätze eins, vier und eins sowie die Schlüssel für das 33 000 Euro teure Auto, das der Sieger der Gesamtwertung der Vierschanzentournee in Bischofshofen erhielt.

Der Norweger setzt eine Gesetzmäßigkeit bei der Vierschanzentournee fort, die in den vergangenen drei Jahren begonnen hat. Auch seine Vorgänger Janne Ahonen, Sven Hannawald und Adam Malysz standen zu Beginn der jeweiligen Tournee nicht auf der Liste der absoluten Favoriten. Dann aber setzten sie sich schnell in der Gesamtwertung von den übrigen Springern ab, gewannen überlegen, und zählten fortan oder – wie Ahonen – erneut zur Weltspitze. So dürfte es auch Sigurd Pettersen ergehen. Er führt nun bereits die Gesamtwertung des Weltcups an. Dadurch dürfte das Sportstudium, das Pettersen in Oslo absolviert, in nächster Zeit ein wenig hinter der Sportkarriere zurücktreten.

Sein Trainer Mika Kojonkoski führt als entscheidende Veränderung zu den Vorjahren an, dass es ihm gelungen ist, Pettersen in seinem Perfektionismus zu bremsen. „Er hat früher zu viel gewollt“, sagt der finnische Trainer, der seinen Doktortitel mit dem Werk „Die Psychologie des Skispringens“ erworben hat. Damit Pettersen nicht ständig ans Skispringen denkt, hat Kojonski ihm aufgetragen, vor dem Einschlafen ein Buch zu lesen. Pettersen hat sich während der Tournee durch den „Herr der Ringe“ gekämpft.

Kojonkoski ist der Hauptgrund dafür, dass die gesamte norwegische Mannschaft in die Weltspitze vorstieß. Bereits vor seiner Ankunft sei das Team nicht weit davon entfernt gewesen, sagt Pettersen. „Aber Mika Kojonkoski hat uns das nötige Selbstbewusstsein gegeben.“ Pettersen ist nicht nur in sportlicher Hinsicht ein würdiger Nachfolger des Vorjahressiegers Janne Ahonen. Wie der Finne zählt auch der Norweger zu den Meistern des nicht gesprochenen Wortes. Was er bei dieser Tournee vorhabe, wurde er vor deren Beginn gefragt. „So weit springen wie möglich“, antwortete Pettersen. Das ist ihm gelungen.

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