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You’ve got to pump it up. Die Pose gehört beim Bodybuilding dazu. Gelernt hat Tim Wiese die Selbstdarstellung aber schon beim Fußball. Foto: Imago/Mauersberger

© imago/Mauersberger

Tim Wiese: Wenn Frust zur Freude wird

Der ehemalige Fußballtorwart Tim Wiese hat den Blick auf den Wrestling-Ring gerichtet. Am Donnerstag ließ sich er sich in Berlin öffentlichkeitswirksam beim Pumpen zusehen. Ein Ortstermin.

Tim Wiese hat noch etwas vor – doch was er vorhat, sagt er nicht. 120 Kilo bringt der frühere Fußball-Nationaltorwart auf die Waage, massiv und fettfrei, versteht sich, denn Wiese ist vom Torwarttraining aufs Eisenpumpen umgestiegen – eine Laufbahn, die ihm die Art von Häme eingebracht hat, die Bodybuilder stets auf sich gezogen haben, aber auch die Art von Muskulatur, auf die man stolz sein kann, weil Arbeit, Schweiß, Disziplin und Ausdauer dafür nötig sind.

Ausnahmsweise ließ Wiese sich beim Pumpen am Donnerstag zusehen: Als prominenter Studiotester unterzog er die Hammer-Strength-Maschinen im neuen High5-Studio an der Leipziger Straße einer kurzen Prüfung. In dem 1200-Quadratmeter-Studio, das Anfang April eröffnen soll, ist in Sachen Kraft- und Ausdauersport alles möglich, vom Laufbandlaufen über das Hanteltraining bis zum Crossfit. Wiese steht in der rotlackierten Maschine vor einer schwarzen Wand und bewegt mit keulenhaften Armen abwechselnd eine Ladung schwarzer Hantelscheiben. Er hat sich ein T-Shirt des Studios übergezogen, ein dünner Schweißfilm perlt auf der Stirn, die tätowierten Schultern wölben sich, die Rückenmuskeln mühen sich.

Selbstdarstellung hat Tim Wiese bereits als Torhüter gelernt

Na klar, wäre Tim Wiese nicht schon als Torwart berühmt geworden, man könnte diesen Kerl mit seiner Mittelscheitelfrisur und der gewiss sehr teuren Uhr am linken Handgelenk für einen dieser großen Jungs halten, die sich eine Rüstung aus Muskelmasse antrainieren, um der Welt da draußen Respekt abzunötigen. Selbstdarstellung hat Wiese schon als Torwart erlernt: 190 Zentimeter hoch, phasenweise bekleidet mit einem rosafarbenen Trikot, ausgestattet mit Furchtlosigkeit und Mut zum Nahkampf. Der Mann aus Bergisch-Gladbach stand drei Jahre bei Fortuna Köln im Tor, es folgten bessere drei Jahre beim 1. FC Kaiserslautern und sieben wirklich gute Jahre bei Werder Bremen. Von 2008 bis 2012 gehörte er zum Kader der Nationalmannschaft, seit 2012 verdient er sein Geld in Hoffenheim. Verletzungspech und ein paar Leistungschwächen führten dazu, dass Nationaltrainer Joachim Löw ihn 2012 ausmusterte.

Wiese mag heute aussehen, als habe er immer schon Herkules-Darsteller werden wollen – tatsächlich machten Frust, Enttäuschung und Selbstzweifel den Torwart zum Pumper. So jedenfalls hat er es mal in einem Interview gesagt. Denn bei Hoffenheim lief es nicht gut für Wiese – er wurde 2012/13 für das unbefriedigende Abschneiden des Vereins verantwortlich gemacht. Sportler machen Sport, wenn der Frust sie niederdrückt, aber eben nicht das, was den Frust verursacht. „Ich musste mich anderweitig beschäftigen, ich musste den ganzen Hoffenheim-Kram aus dem Kopf bekommen“, sagte Wiese damals.

Tim Wiese trainiert fünf, sechs Mal in der Woche - weil es ihm Spaß macht

Dass die Arbeit mit dem Eisen und gegen dessen Gewicht nicht bloß gut tun und den Kopf frei machen, sondern Spaß macht, merkte er bald. Dass er zu der Art Sportler gehört, die schnell an Muskulatur zulegen, sah er im Spiegel. Das musste er gleich mit dem Mobiltelefon fotografieren – das Bild machte, von wem auch immer in Umlauf gebracht, seinen medialen Weg. Als Modellathlet bei der Fitness-Studiovorstellung sagte Wiese, er trainiere fünf bis sechs Mal in der Woche, vorzugsweise mit Gewichten, viel Brust, viel Rücken. Eben hatte er einen Schlitten mit 130 Kilo eiserner Ladung zehn Meter über ein Stück Kunstrasen geschoben und gesagt, das hätte er in seiner Zeit als Torwart besser mal öfter trainiert, vielleicht hätte es dann für mehr als den Ersatztorwart gereicht...

Mag sein, dass er sich gern darstellt, aber hochmütig ist er nicht. Deshalb redet er auch nur sehr vorsichtig über das ihm nachgesagte Interesse am Wrestling. Im vergangenen Herbst war Wiese erstmals bei einem Kampfabend des Wrestling-Verbands WWE dabei. Heute sagt er, dass er schon als Junge Wrestling gern gesehen habe und dieser Sport für ihn eine „sehr interessante Sache“ sei. Die ersten beiden Trainingseinheiten, je drei Stunden lang, habe er absolviert und gespürt, dass Wrestling mit „unheimlichen Schmerzen“ einhergeht. Er wolle das fortsetzen. Doch was werde, stehe in den Sternen.

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