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Kurz vorher gewann der kroatische Handballer Josip Simic (5) bei der WM noch Silber, nun kehrt er zurück in die frustrierende Bundesliga-Realität der Potsdamer.

© IMAGO/mix1/IMAGO/Daniel Lakomski

Zu unreif für die Bundesliga : VfL Potsdam setzt rekordverdächtige Negativserie fort

Nach der WM-Pause starten die Potsdamer mit einer weiteren Niederlage in Bundesliga. Ihr 18. Spiel beenden sie damit ebenfalls punktelos. Droht dem VfL die historisch schlechteste Bundesliga-Saison aller Zeiten?

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Die Enttäuschung war Josip Simic anzusehen. Fragend schaute er auf die Anzeigetafel, danach folgte ein starrer Blick in die Ränge der Max-Schmeling-Halle. Die derbe 19:36-Niederlage des Kreisläufers mit dem 1. VfL Potsdam bei den Füchsen Berlin war eine harte Landung zurück im Bundesliga-Geschäft. Vor wenigen Tagen wurde er noch von einer tobenden Menschenmasse mit einem Meer aus Bengalos in Zagreb empfangen und feierte dort frenetisch die Silbermedaille für Kroatien bei der Handball-Weltmeisterschaft.

Jetzt folgte der ernüchternde Alltag. „Das ist die bittere Realität. Ich dachte, wir machen das besser, aber das war eine Katastrophe“, sagte der 24-Jährige, der mit den Brandenburgern nun schon zum 18. Mal in Folge punktlos das Parkett verließ.

Sicher, der in der Champions League aufspielende Kooperationspartner aus Berlin ist für den Aufsteiger kein Gratmesser. Doch gegen die ausgedünnten Reihen der Füchse – Kreisläufer Max Darj und Lukas Herburger sowie Spielmacher Nils Lichtlein setzten angeschlagen aus – verkaufte sich das Team von Trainer Emir Kurtagic von Beginn an unnötig fehlerbehaftet und kaum konkurrenzfähig.

18
Mal in Folge gingen die Potsdamer nun punktlos aus dem Spiel.

„Das war von allem zu wenig. Da wurde nichts von dem auf die Platte gebracht, was man erwarten muss. Hinten waren sie wie das Kaninchen vor der Schlange, vorne waren viele Spieler zu sehr mit sich selbst beschäftigt“, urteilte Bob Hanning, der in Doppelfunktion als Füchse-Geschäftsführer und Head of Sports der Potsdamer fungiert. „Berlin hat das erwachsen gespielt, auf der anderen Seite war es naiv und kindlich.“

Rekordverdächtigen Negativserie

Dass der VfL in der Liga, in der vermeintlich jeder jeden schlagen kann, bisher so sang- und klanglos untergeht, ist für den 57-Jährigen dabei das eine, dass sich „seine Jungs“ derart unter Wert verkaufen, das andere. Von dem Kampfgeist, dem Spielwitz und der Kaltschnäuzigkeit, die dem Team noch vor einem Jahr unter seiner Führung sensationell zum Aufstieg verhalfen, war wenig zu sehen. Die personellen Veränderungen, die es in der Zwischenzeit gab, halten für den ehemaligen DHB-Vizepräsidenten dabei nicht als Ausrede stand.

Selbst, wenn der Schritt ins Oberhaus damals nicht geplant war und von den Verantwortlichen beizeiten sogar als „Betriebsunfall“ bezeichnet wurde, weil die überwiegend aus dem eigenen Nachwuchs stammenden Spieler früh auf einem überaus hohen Niveau konkurrieren müssen, sorgt die Negativserie für Unmut. Eine Nullnummer wollen sie in Potsdam nicht abliefern.

VfL plant bereits für die zweite Liga

In der Geschichte der Bundesliga passierte das erst einmal, als Eintracht Hildesheim in der Spielzeit 1968/69 allen der damals nur sieben Kontrahenten unterlag – und das soll, wenn es nach Hanning und Co. geht, die Ausnahme bleiben. „Wir müssen einfach weitermachen und jeden Tag versuchen, besser zu werden. Uns bleibt nichts anderes übrig, als den Kopf oben zu lassen“, gibt sich Simic kämpferisch.

Es ist allerdings nur konsequent, dass der Verein bereits für die zweite Liga plant und sich dies in der Kaderplanung widerspiegelt. Während der Wechsel von Mittelmann Elias Kofler zum HSV Hamburg schon verkündet wurde, soll Rückraum-Spieler Maxim Orlov ebenfalls Begehrlichkeiten geweckt haben.

Uns bleibt nichts anderes übrig, als den Kopf oben zu lassen

Josip Simic, kroatischer Handballer beim 1. VfL Potsdam

Josip Simic zieht es hingegen Gerüchten zufolge nach neun Jahren im VfL-Trikot zusammen mit seinem Teamkollegen Cyrill Akakpo in der kommenden Saison zur HSG Wetzlar. „Dafür machen wir das ja. Wir wollen jungen Menschen die Möglichkeit geben, sich zu zeigen“, erklärte Hanning, für den seine Spieler und der Verein bekannterweise eine kleine Ersatzfamilie darstellen.

Talente entdecken, ausbilden und für die erste Liga bereit machen: Das ist es, was sich er sich mit Potsdam auf die Fahnen geschrieben hat – unabhängig von der Ligazugehörigkeit. Und an diesem Konzept lässt er keine Zweifel aufkommen. Dass die Idee aufgeht, zeigt der Aufstieg eines Josip Simic. Daran ändert auch die jüngste Enttäuschung mit Potsdam nichts.

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