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Frank Lüdecke ist Kabarettist und begleitet die Fußball-Bundesliga immer montags mit einer Kolumne im Tagesspiegel.

© Derdehmel

Zum Tod von Claus Vetter: Der Große Schiedsrichter hat einen Fehler gemacht

Kolumnist Frank Lüdecke trauert um Claus Vetter, den Leiter der Sportredaktion. Und erinnert sich an gemeinsame Abende bei den Stachelschweinen während der Fußball-EM.

Frank Lüdecke
Eine Kolumne von Frank Lüdecke

Stand:

In den vergangenen 13 Jahren habe ich versucht, durch diese Glosse die ausschweifende Ernsthaftigkeit des Profifußballs mit einem hartnäckigen Augenzwinkern zu unterwandern. Das ist mir mal besser und mal weniger gut gelungen.

Sehen Sie mir bitte nach, dass ich es heute gar nicht erst versuchen möchte. Vorige Woche ist Claus Vetter, der Sportchef des Tagesspiegels, völlig unerwartet verstorben. Eine Nachricht, die mich nicht nur sehr getroffen hat, sondern auch jetzt noch mit großer Traurigkeit zurücklässt.

Claus hat in den letzten Jahren meine Texte betreut. Wir haben uns mehrfach vor Beginn einer Saison am Mexikoplatz getroffen und besprochen, wie es weitergeht. Schwerpunkte, Länge und so weiter.

Frank Lüdecke und Claus Vetter.

© privat

Einmal sah es nicht so gut aus. Es war unklar, ob die Glosse weitergeführt würde. Aber Claus erzählte, seine Mutter sei ein so großer Fan von mir, sie würde die Texte sogar aus der Zeitung ausschneiden. Und er bekäme großen Ärger mit ihr, wenn sie die Sache beenden würden. Da hatte ich plötzlich sehr gute Karten.

Letztes Jahr gab es bei den „Stachelschweinen“ zur EM das satirische Fußballprojekt „Pfostenbruch“. Mit Show-Elementen, Musik, Interviews mit Prominenten und Live-Kommentar. Jeder Abend eine Premiere. Ein wildes Projekt.

Claus war witzig, hilfsbereit, engagiert und vor allem frei von jeglichen Allüren.

Frank Lüdecke

Claus hatte im Vorfeld den Tagesspiegel als Kooperationspartner mit ins Boot geholt. Jeden Abend (!) war Claus vor Ort, fieberte mit, organisierte, schrieb unablässig Ankündigungen, führte Interviews, saß auf dem Podium. Er kam immer am späten Nachmittag nach der Arbeit und brachte dann einen Stapel Freiexemplare der neuesten Ausgabe für die Zuschauer mit. Ich fragte mich jedes Mal, ist das wirklich die Aufgabe des Tagesspiegel-Sportchefs? Aber es war nicht seine Aufgabe. Es war seine Überzeugung.

Claus war witzig, hilfsbereit, engagiert und vor allem frei von jeglichen Allüren. Wir hatten einen solchen Spaß, es war ein wenig so, als sei man in die Schulzeit zurückversetzt worden. Als ich ihn letztens in der Redaktion traf, fiel in einem Nebensatz die Formulierung, dass ja nächstes Jahr WM sei und ob man da nicht …?

Tja. Und nun das. Es gibt Ungerechtigkeit im Sport. Es gibt Ungerechtigkeiten im Leben. Für mich steht außer Frage, dass der Große Schiedsrichter einen Fehler gemacht hat.

Übrigens, für Claus Vetter war ja Eishockey Sport Nummer eins. Vor Fußball. Ich habe mir jetzt fest vorgenommen, nächste Saison mal zu den Eisbären zu gehen.

Ja, ja, ich weiß, Claus. Der Text hat Überlänge. Ich gelobe Besserung. Übrigens, hast Du’s gesehen? Schalke hat schon wieder den Trainer gewechselt.

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