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Schalkes Moussa Sylla (l.) und Anton Donkor (r.) bejubeln den 1:2-Anschlusstreffer gegen den FC Sevilla

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Zweitliga-Auftakt gegen Hertha BSC: Schalke 04 zwischen Galgenhumor und Zweckoptimismus

Mit dem FC Schalke 04 erwartet Hertha BSC zum Start der zweiten Liga eine Mannschaft im Dauerumbruch. Der Schalker Zweckoptimismus rührt daraus, dass die Mannschaft eine ziemliche Wundertüte ist.

Von Tammo Buschmann

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Nicht lange ist es her, dass Schalker Fans das letzte Saisonspiel ihrer Mannschaft höhnisch mit „Der FC Schalke wird Deutscher Meister“ und „Oh wie ist das schön“-Gesängen quittierten. Das blutleere 1:2 gegen die SV Elversberg am letzten Spieltag besiegelte die schlechteste Saison der Schalker Vereinsgeschichte. „Schöne Sommerpause, ihr Versager“, frotzelte die Nordkurve damals auf einem großen blau-weißen Spruchband.

Als am Samstag dann die neuformierte Schalker Mannschaft erstmals wieder den Rasen der heimischen Arena betrat, schien die königsblaue Welt jedoch fürs Erste wieder in Ordnung: Der alljährliche „Schalke-Tach“, rund ums Vereinsgelände, hatte am Vormittag mit sommerlichen Temperaturen, 80.000 Besuchern und volksfestartiger Stimmung den idealen Rahmen für das letzte Testspiel der Schalker gegen den FC Sevilla gelegt. Der Ruhrpottklub deutete mal wieder seine vielbeschworene Wucht an.

„Ich bin unglaublich angetan von der Leidenschaft der Fans“, offenbarte Neu-Trainer Miron Muslić im Nachgang seines ersten Heimspiels. Dass seine Mannschaft die Generalprobe vor dem Saisonauftakt gegen Hertha BSC (Freitag, 20:30 Uhr/Sky und Sat.1) mit 2:4 verlor – vermeintlich halb so wild: „Sevilla ist kein Gradmesser für uns“, so Muslić. Dennoch bereitet die Art und Weise der Niederlage Bauchschmerzen.

Soll auf Schalke bessere Zeiten bringen: Trainer Miron Muslić 

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Zu leicht, so die Einschätzung vieler, war der neue Schalker Defensivverbund aus Rückkehrer Timo Becker, dem jungen Felipe Sánchez und Wunschneuzugang Nikola Katic auszuhebeln. Meist reichten ein langer Ball, ein, zwei schnelle Pässe und Sevillas Stürmer waren frei vor Schalkes Torwart Loris Karius. Hinzu kam, dass Schalke, wie auch in den vorherigen Tests, offensiven Spielwitz und Torgefahr vermissen ließ. Ändern soll sich das bestenfalls mit einer Rückkehr des verletzten Kapitäns Kenan Karaman.

Blick auf Schalke geht nach oben

Dass der Fokus unter Muslić jedoch primär auf einer kompakten Defensive liegt, zeichnete sich im Verlauf der Vorbereitung deutlich ab. Mit Ausnahme der Pleite gegen Sevilla und einem unangenehmen 2:3 gegen Drittligist Wehen Wiesbaden, trug diese Spielausrichtung auch schon Früchte: Gegen Panathinaikos, St. Gallen und Twente Enschede blieb Schalke jeweils ohne Gegentreffer. Die schauerlichen 62 Gegentore aus der Vorsaison sollen nicht zur Regel werden.

Den Verein derzeit tabellarisch zu verorten, fällt dennoch schwer. Auch weil noch einiges passieren könnte: Mit Stürmer Moussa Sylla und Rechtsverteidiger-Talent Taylan Bulut stehen die beiden wertvollsten S04-Profis (Marktwert jeweils sechs Millionen Euro) auf der Abgangsliste – zwei integrale Bestandteile der Mannschaft. Diese bei einem Verkauf einigermaßen adäquat zu ersetzen, ist für Schalke finanziell aber gar nicht möglich.

Immerhin: Hieß es vor kurzem noch, Schalke müsse sowohl Sylla als auch Bulut zwangsläufig verkaufen, um auf dem Transfermarkt überhaupt weiter handlungsfähig zu sein, vermeldete Vorstand Matthias Tillmann aus Anteilsverkäufen über die Schalker Fördergenossenschaft jüngst Einnahmen in Höhe von 8,3 Millionen Euro. Daraus folgt eine laut Tillmann „ganz andere Verhandlungsposition“ für den Klub. Auch die Tür für einen Verbleib von Sylla und Bulut sei somit noch nicht ganz zu.

Schalke gehört auf jeden Fall in die Bundesliga. Wir wollen uns im oberen Bereich bewegen, dafür müssen wir jetzt Gas geben.

S04-Kapitän Kenan Karaman

Nach zwei turbulenten Spielzeiten gilt es, auf Schalke endlich eine ruhige Saison zu spielen. Man wolle „auf dem Boden bleiben“, betonte Kenan Karaman im Rahmen des „Schalke-Tachs“, ließ aber auch durchscheinen: „Schalke gehört auf jeden Fall in die Bundesliga. Wir wollen uns im oberen Bereich bewegen, dafür müssen wir jetzt Gas geben“.

Sportdirektor Youri Moulder setzt dabei auch auf positive Vibes: „Um Erfolg zu haben, muss es gute Stimmung geben. Es muss hart gearbeitet werden, aber es muss eben auch Lockerheit herrschen“, sagte der Niederländer. Es scheint, als würde der Schalker Anhang diesem Kredo bisher mit gesunder Vorsicht Folge leisten.

Hoffnung ziehen sie auf Schalke neben den unverbrauchten Gesichtern von Muslić und Co. auch aus den neuen heißen Eisen aus dem eigenen Nachwuchs: Max Grüger ist bereits fest in die Planungen involviert, Peter Remmert und Vitalie Becker hinterließen in den Tests einen guten Eindruck, genauso wie Mauro Zalazar. Auch die Youngster Zaid Tchibara und Mertcan Ayhan gelten als sehr vielversprechend.

Klar ist dennoch: Die Favoritenrolle kommt am Freitagabend zweifelsfrei der Hertha zu. Schließlich versteht sich die alte Dame nunmehr als Aufstiegsaspirant. Schalke, so demütig sind sie in Gelsenkirchen längst, hat bis dahin noch einen weiten Weg.

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