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Vorgänger, Nachfolger. Flick (links) im Gespräch mit Hrubesch.

© Imago/Huebner

DFB-Sportdirektor: Zwischen Verschleiß und Verdruss

Hans-Dieter Flicks Rücktritt als Sportdirektor löst beim Deutschen Fußball-Bund eine Strukturdebatte aus.

Im vorigen Herbst hat der Deutsche Fußball-Bund händeringend Mitarbeiter für sein „Jahrhundertprojekt DFB- Akademie“ gesucht. Die Tätigkeit für das Projektbüro Akademie sollte für den Zeitraum von sechs Monaten gelten und am 16. Januar 2017 starten. An diesem Tag aber verlor das wichtigste Projekt des DFB seinen vielleicht wichtigsten Mitarbeiter. Es war der Tag, an dem Hans-Dieter Flick seinen Vertrag als Sportdirektor beim weltgrößten Sportfachverband aufkündigte.

Derweil wird spekuliert, warum der hoch geschätzte Fachmann, der die deutsche Nationalmannschaft an der Seite von Bundestrainer Joachim Löw 2014 zum WM-Titel geführt hat, einen gut dotierten und interessanten Job abgibt, der noch bis 2019 Gültigkeit gehabt hätte? Während Flick in der offiziellen Verlautbarung das mit seinem persönlichen Wunsch nach mehr Zeit für die Familie begründet, was der Verband dann „schweren Herzens“ akzeptiert hat, liegen die wahren Beweggründe im Postenprofil selbst. Wie zu hören ist, fühlte Flick sich zerrieben und verschlissen. Schon seine Vorgänger Matthias Sammer und Robin Dutt hatten um vorzeitige Entlassung aus ihren Verträgen als DFB-Sportdirektor gebeten. Besonders Dutt haderte mit der Wust aus administrativer Aufgabenfülle und langen Entscheidungswegen beim Verband, nach zehn Monaten ergriff er die Flucht.

Hansi Flick dagegen galt als ideale Lösung. Kompetent, menschlich einwandfrei, belastbar, aufgeschlossen. Doch irgendetwas muss am Ende nicht mehr gepasst haben. Der Posten schlaucht, der persönliche Verschleiß ist hoch. Nicht umsonst hat Oliver Bierhoff nun eine grundsätzliche Diskussion über diesen herausragenden Posten gefordert. „Es ist entscheidend, dass man die Rolle des Sportdirektors neu definiert“, sagte der Nationalmannschaftsmanager am Dienstag beim Neujahrsempfang der Deutschen Fußball-Liga (DFL) in Frankfurt am Main.

Der Posten schlaucht, der persönliche Verschleiß ist hoch

Als Interimslösung bestellte der Verband bis September den 65 Jahre alten Horst Hrubesch ein, der 2008 den EM-Titel mit der U 19 und 2009 den EM-Titel mit der U 21 sowie im vorigen Sommer in Rio Olympiasilber gewann. Der Verband kann sich freuen, dass Hrubesch einspringt, um im Übergangsjahr zum WM-Jahr 2018 den Confed-Cup und die U-21-EM in diesem Sommer mit vorzubereiten. Eine langfristige Lösung will Hrubesch nicht sein.

Vor allem muss der DFB überlegen, wie er strukturelle Veränderungen vornehmen will, sodass ein Sportdirektor nicht mehr ein Getriebener bleibt, der von der Akademie bis hin zur Schiedsrichterausbildung für so ziemlich alles verantwortlich gemacht wird.

Oliver Bierhoff deutet nun eine mögliche neue Aufgabenbeschreibung im Verband an. „Wir brauchen auf jeden Fall einen sportlichen Fachmann, ob der nun technischer Direktor oder Sportdirektor heißt oder wie auch immer“, sagte der 48-Jährige, der auch Mitglied des DFB-Präsidiums ist. Dem Verband tue es gut, „einen sportlichen Kopf zu haben, der Kontinuität zeigt und die wichtigen sportlichen Themen im Verband führt, die U-Mannschaften leitet, die Trainer führt und natürlich mit dem Bundestrainer Konzepte aufstellt“, sagte Bierhoff.

Gerade das Akademie-Projekt, in das Flick viel Arbeit und Herzblut reingesteckt hat, ist zuletzt arg ins Stocken geraten. Als es ersonnen wurde, war von Kosten in Höhe von 40 Millionen Euro die Rede, nach der im März 2014 geschlossenen Vereinbarung zwischen der Stadt Frankfurt und dem Verband waren es schon 89 Millionen, die ein Jahr später dann nach oben auf 109 Millionen Euro korrigiert wurden. Inzwischen geht man intern beim DFB von 135 Millionen Euro aus. Selbst für einen Verband wie den DFB keine ganz so kleine Summe.

Auch aus diesem Grund will DFB-Präsident Reinhard Grindel eine grundsätzliche Entscheidung auf einem Außerordentlichen DFB-Bundestag im September herbeiführen. Die Suche nach einem Nachfolger für Hansi Flick sei „inhaltlich eng“ damit verknüpft. Vermutlich werden die Aufgaben auf mehrere verteilt. Zeit wird’s.

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