Sport: Zwischen zwei Welten
Den Talenten von Hertha BSC II droht der Abstieg in die vierte Liga – heute spielen sie gegen Borussia Mönchengladbach II
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Berlin - Christian Müller trägt die Nummer zehn – der 23-Jährige ist eine zentrale Figur im Team. Und wer weiß: Wenn er sich nicht so schwer verletzt hätte, vor mehr als zwei Jahren, wäre er vielleicht längst eine feste Größe im Bundesligakader von Hertha BSC. So aber spielt er noch im Regionalligateam – und kämpft gegen den Abstieg in die Oberliga. Am heutigen Sonntag spielt Herthas U-23-Team gegen die zweite Mannschaft von Borussia Mönchengladbach (14 Uhr, Amateurstadion). Ein Sieg gegen den abgeschlagenen Tabellenletzten ist Pflicht, will der Klub die Klasse halten – und das Team attraktiv für die vielen Perspektivspieler bleiben.
Hertha hat in den letzten Jahren etliche Spieler aus der zweiten Mannschaft ins Profiteam eingebaut – auch aus finanzieller Not. „Im vorigen Jahr ist eine komplette Elf zu den Profis oder anderen Klubs gewechselt“, sagt Jugendkoordinator Frank Vogel. Im Profikader stehen zwölf Spieler, die aus der U 23 kommen – mehr als bei jedem anderen Bundesligisten. In dieser Saison haben mit Patrick Ebert, Ashkan Dejagah und Jerome Boateng wieder drei Spieler den Sprung geschafft. Als Ebert nach gutem Saisonbeginn zu nervös aufspielte, schickte Trainer Falko Götz ihn zurück in die zweite Mannschaft, damit er dort Spielpraxis sammeln konnte. Nun ist er wieder in Form. Und fehlt dem Regionalligateam. „Natürlich hat die U 23 gelitten, weil sie immer viele Spieler für uns abgestellt hat“, sagt Trainer Falko Götz. Aber im Notfall verkommt das Team zur reinen Ausbildungsmannschaft. Für Götz wäre ein Abstieg vor allem bitter, weil seine jungen Profis nicht mehr auf dem vergleichsweise professionellen Niveau der Regionalliga Spielpraxis sammeln könnten.
Für andere Spieler, die weiter vom Profikader entfernt sind, würde sich jedoch die gesamte Perspektive im Verein verschlechtern und ein Vereinswechsel sinnvoll werden. Spieler wie Robert Müller oder Amadeus Wallschläger sind Stammspieler in der Regionalliga, haben im Profiteam mittelfristig aber kaum eine Perspektive. Steigen die Perspektivspieler ab, wächst die Kluft zum Profiteam zwangsläufig. „Der Unterschied zwischen Regionalliga und der Oberliga ist größer als zwischen Zweiter und Dritter Liga“, sagt Karsten Heine, Trainer der U 23.
Ob Götz oder Heine und Vogel – alle betonen die Bedeutung des Klassenerhalts. Gleichzeitig sähen sie bei einem Abstieg keineswegs das gesamte Jugendkonzept gefährdet. Das Tagesgeschäft in der Ausbildung, die Arbeit an den Stärken und Schwächen der Spieler, bliebe auch bei einem Abstieg bestehen, sagt Vogel. Heine erinnert daran, dass die zweite Mannschaft zuletzt zwischen 2001 und 2004 in der Oberliga spielte und auch aus der damaligen Mannschaft Malik Fathi, Sofian Chahed, Thorben Marx, Alexander Madlung und Benjamin Köhler den Sprung in die Bundesliga geschafft haben.
Für alle Spieler sei das U-23-Team eine Durchlaufstation, sagt Vogel. Die Trainer lassen den Spielern ein bis drei Jahre Zeit, den Sprung zu schaffen, sonst gibt der Klub sie ab. Christian Müller hat nach seiner Verletzung noch etwas Zeit. „Du darfst die Geduld nicht verlieren“, sagt er. Sein Vertrag läuft bis 2008. Dann wird er sich wohl nicht mehr mit der U 23 zufrieden geben – egal in welcher Liga.
Stefan Tillmann
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