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Persönlich konfiguriertes Motorrad

© BMW Group

Gewappnet für das Unplanbare: Digitaler Zwilling als Tool für die Logistik

Unvorhergesehenen Ereignisse lassen sich besser bewältigen, wenn Unternehmen eine flexible, integrierte Logistik haben. Gemeinsam mit BMW Motorrad forscht die TU Berlin dazu.

Von Wolfgang Richter

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Als das Containerschiff „Ever Given“ am 23. März 2021 im Suezkanal auf Grund lief und die gesamte Schifffahrtsrinne blockierte, löste dies weltweite Logistikprobleme aus. Erst über eine Woche nach dem Vorfall konnten die letzten der mehr als 420 im Stau stehenden Schiffe ihre Fahrt fortsetzen.

„Solche unvorhergesehenen Ereignisse lassen sich wesentlich besser bewältigen, wenn Unternehmen über eine flexible, integrierte Logistik verfügen, die in Echtzeit Daten aus Produktion, Vertrieb, Transport und der Finanzabteilung zusammenführt. Ermöglichen soll dies ein sogenannter Digitaler Zwilling der Logistik“, sagt Frank Straube, Leiter des Fachgebiets Logistik an der TU Berlin.

Digitale Zwillinge für die Industrie sind momentan Gegenstand intensiver Forschungsbemühungen. Sie werden eingesetzt, um reale Objekte oder Abläufe möglichst detailgetreu nachzubilden. Wichtig ist dabei, dass laufend eingehende Echtzeitdaten sofort dazu genutzt werden, ein neues, realistischeres Abbild der Wirklichkeit zu berechnen.

In der Logistik melden zum Beispiel Sensoren an Containern aktuelle Temperaturwerte der Ladung oder Risse in der Containerwand an ihren digitalen Zwilling – der dann errechnet, wann die Ladung droht zu verderben oder ob der Container ausgewechselt werden muss.

„Digitale Zwillinge können aber auch die Logistikströme ganzer Unternehmen abbilden. Mit ihrer Hilfe kann man bei plötzlichen Ereignissen wie dem blockierten Suezkanal schnell reagieren. Durch die Vernetzung vieler Datenquellen eröffnet sich zudem eine ganze Palette von Reaktionsmöglichkeiten auf verschiedenen Ebenen, etwa bei der Produktion oder beim Vertrieb“, so Straube.

In einem abgeschlossenen Projekt mit dem Automobilzulieferer Schaeffler hat sein Team einen digitalen Zwilling der Zulieferlogistik erstellt. Nun schauen sich die Forschenden zusammen mit dem BMW-Motorradwerk in Berlin die Distributionslogistik an.

Die Vielzahl unterschiedlicher Ausstattungen von Motorrädern macht den Gesamtprozess sehr komplex.

 Benjamin Gorgas

„Mit BMW Motorrad haben wir einen sehr guten Partner für unsere Forschungsfragen gefunden, da mit Blick auf eine künftige Digitalisierung die Datengrundlage im Unternehmen exzellent ist“, sagt Benjamin Gorgas, der über das Projekt seine Dissertation schreibt.

„Für uns Logistiker ist gerade der Prozess der Auslieferung von Motorrädern ein besonders spannender Forschungsgegenstand. Denn die Kunden können, wie beim Auto, das Motorrad nach ihren persönlichen Wünschen konfigurieren. Die damit entstehende Vielzahl unterschiedlicher Ausstattungen von Motorrädern macht den Gesamtprozess sehr komplex.“

Der digitale Zwilling für BMW soll als Basis für eine künftige weltweite Digitalisierung der Transporte von der Produktion der Motorräder bis hin zum Händler dienen. Auch Veränderungen auf den Absatzmärkten könnten auf diese Weise schnell registriert und durch Künstliche Intelligenz analysiert werden. Das Forschungsvorhaben wird von BMW durch die Finanzierung von Personalressourcen unterstützt.

„Die enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie ist für uns als Unternehmen äußerst wertvoll“, sagt Helmut Schramm, Leiter Produktion BMW Motorrad.

„Die externe Sicht auf unsere Logistikprozesse bietet die Chance, bisher unerkannte Potenziale zu identifizieren und Verbesserungen umzusetzen. Auf der anderen Seite sind es gerade die realen Anwendungsfälle, die für die Forschung interessant sind, da hier Theorie und Praxis vereint werden und zu Erkenntnissen führen, die wiederum zurück in die Wissenschaft fließen. Neben diesen fachlichen Einsichten ermöglichen solche Projekte auch jungen Nachwuchsforschenden einen Einblick in die Unternehmenspraxis“, erklärt Schramm. „Das stärkt sowohl Berlin und die Region als auch unsere Rolle als attraktiver Arbeitgeber.“

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