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Exoskelett für CYBATHLON Wettkampf

© Christian Kielmann

Schritte in die Zukunft : Innovative Medizintechnik an der TU Berlin

Ein Team der TU Berlin tritt mit einem selbst gebauten Exoskelett beim CYBATHLON-Wettkampf an.

Von Barbara Halstenberg

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Drei, zwei, eins, los! Die Pilotin hat die Krücken in Position gebracht. Die Aktuatoren für die Drehbewegungen des Knie- und Hüftgelenks schieben ihre Knie nach hinten und richten ihre Hüfte auf. Langsam erhebt sich Jessica Dibady von der roten Holzbank, dann steht sie und lacht.

Das RISE-Team ist erleichtert und klatscht. Jessica Dibady ist querschnittsgelähmt; das Aufstehen hat ihr ein Exoskelett ermöglicht, entwickelt von der Studierendengruppe RISE am Fachgebiet Medizintechnik. RISE steht für „Research and Innovation in Student Exoskeleton Development“, und der Name ist Programm.

Über vier Semester hinweg haben mehr als 100 Studierende aus der Elektrotechnik, dem Maschinenbau, der Informatik, der Biomedizinischen Technik, Human Factors und Wirtschaftsingenieurwesen das tragbare Gerät entwickelt, das einer motorisierten medizinischen Schiene ähnelt und um den Unterleib geschnallt wird.

Besonders herausfordernd ist das Gleichgewicht

Vom 25. bis 27. Oktober 2024 soll Jessica Dibady für das RISE-Team am CYBATHLON in der Schweiz teilnehmen und gegen Paraathletinnen und -athleten aus der ganzen Welt in einem Hindernisparcours antreten, um die Fähigkeiten des Exoskeletts zu präsentieren.

Das Projekt ins Leben gerufen hat Lukas Schneidewind. Zusammen mit Fachgebietsleiter Marc Kraft hat der wissenschaftliche Mitarbeiter vier RISE-Module entwickelt, die im Studium angerechnet werden können. „Mich fasziniert die Möglichkeit, das Leben von Menschen mit Beeinträchtigung zu bereichern und die Grenzen des Machbaren im Bereich der Robotik zu verschieben“, sagt Schneidewind.

Eine besondere Herausforderung bei der Entwicklung von Exoskeletten sei der Umgang mit dem Gleichgewicht. Sogar die großen Akteure in der Forschung, wie der Roboter von Boston Dynamics, stürzen aus diesem Grund noch ab und zu. Bei Projektbeginn ist Schneidewind Vater geworden und hat miterlebt, wie viele Gleichgewichtsstrategien ein Kind erlernen muss und wie viel Zeit das braucht.

Auch Seitwärtsbewegungen sind möglich

Pro Bein hat das Team drei aktiv motorisierte und zwei passiv gefederte Aktuatoren in die Mechanik des Exoskeletts eingebaut, sodass auch Seitwärtsbewegungen möglich sind. „Und wir kommen mit bis zu 310 Newtonmetern in den Kniegelenken auf beinahe doppelt so viel Drehmoment wie die meisten Konkurrenzprodukte, die wir kennen“, sagt Schneidewind. Zum Vergleich: Mit dieser Kraft sei es möglich, ein Auto zu bewegen. Für die diesjährigen Anforderungen beim CYBATHLON werden solche Kräfte verlang  

Im Oktober erwarten Jessica Dibady und die anderen Pilotinnen zehn herausfordernde Hindernisse: Fünf Meter ohne Gehstützen laufen, eine Treppe mit unterschiedlich langen Stufen vorwärts hinuntergehen oder seitlich durch zwei Bänke laufen sind nur einige davon. Da das RISE-Team zum ersten Mal teilnimmt, wird Dibady die meisten Hindernisse noch nicht bewältigen können. „Wenn sie vom Start zum Ziel laufen kann, nach zwei Jahren Entwicklung vom weißen Blatt Papier aus, dann können wir sehr stolz auf uns sein“, sagt Schneidewind.

Jessica Dibady freut sich auf den Wettkampf: „Der Cybathlon bringt unglaubliche Technologien zusammen, die für Menschen wie mich mit einer Behinderung Unmögliches möglich machen. Die Leidenschaft, Energie und das Engagement des RISE-Teams, sinnvolle Veränderungen voranzutreiben, inspirieren mich.“

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