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Entlang der Panke: Wo fliegende Edelsteine jagen
Auf knapp 30 Kilometern schlängelt sich die Panke aus Bernau bis ins Berliner Zentrum. Dabei wandelt der einst unberechenbare Fluss mehrmals sein Gesicht. Eine Entdeckungsreise entlang des Ufers.
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Einst fuhren auf ihr Schiffe, überschwemmte sie regelmäßig weite Teile des heutigen Wedding. Und nördlich der Stadt soll sogar Ritter Graf Udo von der gespaltenen Klaue 1381 „in seiner Rüstung in der Panke“ ertrunken sein. Heute ist der bekannte Wasserlauf alles andere als ein reißender Fluss.
Inzwischen trocknet die Panke in heißen Sommern sogar stellenweise aus, verschwindet anderenorts in die Berliner Unterwelt oder wird in ein enges Korsett gezwängt. Dennoch hat der zwischenzeitlich als „Stinkepanke“ verschriene Fluss schon schlechtere Zeiten gesehen.
Eisvogel beobachten
„Die Wasserqualität hat sich wieder deutlich verbessert“, sagt Gunter Martin. Der 81-jährige Diplom-Biologe ist ein ausgewiesener Kenner der Berliner Flüsse, Fließe und Seen. Seit vielen Jahren führt er Naturinteressierte durch die Biotope der Stadt. Zum diesjährigen „Langen Tag der Stadtnatur“ am 14. und 15. Juni bietet er wieder zwei Exkursionen an, entlang der Wuhle und am Ufer der Panke vom U-Bahnhof Pankstraße bis zur Mündung am Schiffbauerdamm. Rund drei Stunden müssen Teilnehmer einplanen.

© Matthias Matern
„Flüsse sind Lebensadern“, erklärt Martin sein Faible und den Titel seiner Führung. Und tatsächlich ist in den letzten Jahrzehnten wieder reichlich Leben in den knapp 30 Kilometern langen Fluss zurückgekehrt, erzählt Martin auf seiner Tour. „Zum Beispiel kann man hier den Eisvogel, den man auch fliegenden Edelstein nennt, bei der Jagd beobachten. Ein Indikator für gute Wasserqualität“, berichtet der passionierte Stadtnaturführer. Auch Moderlieschen, Schleien, Elritzen und andere Fische würde man finden. „Die Panke wird regelmäßig untersucht, zum Beispiel vom Naturkundemuseum“, sagt Martin.

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Einst war die Panke sogar für ihren Fischreichtum bekannt, bis Bevölkerungswachstum, Industrialisierung und Städtebau ihr immer mehr die Luft abschnürten. Sie ist der drittlängste Fluss auf Berliner Stadtgebiet. „Der Name stammt aus dem Slawischen und bedeutet ‘Fluss mit Strudeln’“, klärt Martin und hält plötzlich inne, deutet ins Geäst eines Baumes am Pankeufer: „Hören Sie? Ein Buchfink. Der singt übrigens mit Dialekt“, sagt der Naturforscher. „Ein Berliner Buchfink klingt anders als ein Buchfink aus Bayern.“
Verschlungene Wege
Martins Vorstellung einer Lebensader schließt natürlich auch den Menschen mit ein. Auf teils verschlungenen Wegen entlang des Ufers erzählt er von der Entstehung verschiedener Gebäude, wie etwa dem Amtsgericht Wedding oder der sogenannten Wiesenburg. Das Klinkerensemble an der Wiesenstraße wurde Ende des 19. Jahrhunderts als Obdachlosensiedlung errichtet und ist heute ein Kulturzentrum.

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Je weiter man der Panke Richtung Spree folgt, desto mehr verliert sie an Kraft. Am Rechenwerk in der Schulzendorfer Straße wird nicht nur Treibgut aus dem Fluss gefiltert, sondern auch ein Großteil des Wassers abgeleitet. „Die eigentliche Panke fließt ab hier als Südpanke zunächst unterirdisch“, sagt Martin und zeigt auf zwei unscheinbare Durchlasse im Bassin des Rechenwerks.
Kanalisiert, des meisten Wassers beraubt, unter Tage verbannt – und dennoch wandelt der Fluss, der unter anderem dem Bezirk Pankow seinen Namen gab, auf den letzten Kilometern bis zur Mündung noch einige Male sein Aussehen. Etwa auf der Rückseite des BND-Neubaus an der Chausseestraße, wo die Panke als Teil einer Parkanlage wieder auftaucht, oder auf dem Charité-Campus als plätschernder Bach, an dem Studierende auf einer Wiese die Sonne genießen. Am Ende der Führung, am Spreeufer am Berliner Ensemble, gibt Martin dann auch noch einen alten Berliner Schulspruch zum besten: „Am Schiffbauerdamm Nummer zwee, fließt die Panke in die Spree.“
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