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In den vergangenen Jahren wurde die Schulsozialarbeit in Berlin stark ausgebaut.. Die freien Schulen bekommen dennoch keine Zuschüsse.

© Doris Spiekermann-Klaas

Überraschender Beschluss des Verwaltungsgerichts: Berlin muss nicht für Sozialarbeit freier Schulen zahlen

88 freie Schulen hatten geklagt, um höhere Zuschüsse vom Land zu bekommen. Das Verwaltungsgericht hat in einem Musterverfahren die Klage zurückgewiesen.

Das Land Berlin muss den freien Schulen die Personalkosten für Schulsozialarbeit und IT-Betreuer nicht erstatten. Für ihre Verwaltungsleiter bekommen sie erst ab 2022 Zuschüsse. Das hat das Berliner Verwaltungsgericht am Dienstag in einem Musterverfahren entschieden. Es war von der Evangelischen Schulstiftung am Beispiel der Evangelischen Sekundarschule Neukölln stellvertretend für 87 weitere freie Schulen verschiedener Träger geführt worden.

Die Träger hatten sich im September 2021 für die Klage entschieden, weil sie sich benachteiligt fühlten. Denn laut Schulgesetz müssten sie eigentlich 93 Prozent der „vergleichbaren“ Personalkosten erhalten, die das Land für die staatlichen Schulen ausgibt. Nachdem das Land seit 2021 die Stellen für andere Berufsgruppen, darunter vor allem die genannten Verwaltungsleitungen, IT-Administratoren und Sozialarbeiter, rasant ausgebaut hatte, wollten die freien Träger auch profitieren.

Das Gericht entschied, dass sie lediglich für die Verwaltungsleitungen Geld bekommen können. Allerdings erst ab 2022, weil es diese Berufsgruppe vorher noch nicht flächendeckend an allen öffentlichen Schulen gegeben habe.

60
Prozent der Kosten freier Schulen bezuschusst das Land im Schnitt.

Für das IT-Personal gibt es nur dann Geld, wenn die Aufgaben von Lehrkräften oder anderen Mitarbeitern der Schule übernommen werden. Wenn das Land oder die Bezirke für die Betreuung Firmen beauftragen - was meist der Fall ist -, müssen diese Ausgaben der öffentlichen Hand nicht bei den Zuschüssen für die freien Schulen berücksichtigt werden, befand das Gericht. Es argumentiert dabei mit dem Schulgesetz: Dort steht sinngemäß, dass bei den Zuschüssen an die freien Schulen nur die Vergütungen berücksichtigt werden müssen, die an Beschäftigte der öffentlichen Schulen gezahlt werden.

Um die Sozialarbeit kümmern sich freie Träger

Die gleiche Argumentation gilt für die Sozialarbeit, denn die an Berliner Schulen tätigen Sozialarbeitenden seien „ganz überwiegend“ nicht Beschäftigte der Schulen selbst, sondern von freien Trägern der Jugendhilfe.

Der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Freien Schulen, Andreas Wegener, erinnerte am Dienstag an die Vorgeschichte der besagten Formulierung im Schulgesetz. Dieses Passus im § 101 stammt laut Wegener noch aus den Sparjahren. Damals wollte der Senat nicht mehr für die Reinigungskosten der freien Schulen aufkommen. Da die Reinigungsarbeit kurz zuvor an private Firmen übertragen worden war, konnte der Senat mit der neuen Formulierung erreichen, dass das Land die Reinigungskosten der freien Schulen nicht mehr bezuschussen musste.

Die Nichtzugänglichkeit von freien Schulen wird manifestiert.

Torsten Wischnewski-Ruschin, Referent des Paritätischen Wohlfahrtsverbands

Durch die dargelegte Auslegung des Gesetzes durch das Gericht entstehe ein Widerspruch zwischen dem Gesetz und dem angestrebten Ziel, die freien Schulen zugänglicher zu machen, mahnte Torsten Wischnewski-Ruschin vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Denn je weniger Zuschüsse die freien Schulen bekommen, desto höher müssen die Elternbeiträge sein, was der angestrebten Inklusivität der freien Schulen schadet. Zugleich ist es für die freien Träger auch schwieriger, eine heterogene oder gar belastete Schülerschaft aufzunehmen, weil sie die Sozialarbeit nicht bezuschusst bekommen.

Die freien Schulen beklagen seit mehreren Jahren eine massive Benachteiligung gegenüber den staatlichen Schulen. Das liegt zum einen dran, dass sie auch keinerlei Zuschüsse für ihre Gebäudeunterhaltung, Lehrmittel sowie Baukosten erhalten. Zum anderen waren auch die Personalkostenzuschüsse abgesenkt worden: Früher hatten sie 97 Prozent der vergleichbaren Personalkosten ersetzt bekommen. Dies war während der Sparjahre unter Klaus Wowereit und seinem Finanzsenator Thilo Sarrazin (beide SPD) auf 93 Prozent gekürzt worden.

Die Kürzungen aus diesen Jahren wurden in nahezu allen Bereichen nach und nach zurückgenommen, nicht aber bei den freien Schulen. In der Folge decken die Landeszuschüsse nur etwa 60 Prozent der Gesamtausgaben der freien Träger ab.

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