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Bildkombo aus einer Ampelfrau (l) und einem Ampelmann, aufgenommen im Kölner Stadtteil Ehrenfeld.

© Jörg Carstensen dpa/lnw

Einkommensteuererklärung: Der Mann kommt immer zuerst – warum eigentlich?

Der Mann steht bei der Steuererklärung oben, die Frau darunter: Das war nach dem Krieg so, und das ist immer noch so. Ärgerlich! Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Heike Jahberg

Auf den Formularen für die Einkommensteuererklärung herrschen Verhältnisse wie im vergangenen Jahrhundert: Der Mann kommt zuerst. Wählen Ehepaare die Zusammenveranlagung, steht der Ehegatte auf dem Formular oben, die Frau unten. Unabhängig davon, wer mehr verdient, oder wer die Steuererklärung macht. Ist doch egal, könnte man sagen, die Formulare sterben ja sowieso irgendwann aus, weil jeder seine Steuer elektronisch macht. Großer Irrtum! Denn die alte Ordnung hat sich auch in das Elster-System gerettet.

Blöd wird das, wenn man versäumt, die automatische Datenabfrage für den Gatten zu beantragen. So wie ich. Meine Daten sind eingelaufen, seine nicht. Meine Angaben sind daher automatisch nach oben gerutscht in die erste Stelle, doch „Herr“ und „Heike“ – das macht das System nicht mit. Die einzige Lösung: Die Datenabfrage auch für den Mann beantragen, abwarten, bis der entsprechende Code kommt und die Erklärung dann von neuem ausfüllen. Er an Nummer eins, ich an zweiter Stelle.

Ist noch zeitgemäß? Das frage ich das Bundesfinanzministerium. „Die Berücksichtigung von Gendergesichtspunkten hat im Bundesministerium der Finanzen einen hohen Stellenwert. Dies gilt insbesondere auch bei der Gestaltung der Steuererklärungsvordrucke“, teilt eine Sprecherin mit.

Bei einer Zusammenveranlagung von Ehegatten sei aber eine eine weitere Differenzierung notwendig, um im weiteren Besteuerungsverfahren beide Personen – auch über mehrere Veranlagungszeiträume hinweg – stets eindeutig identifizieren zu können. Die Reihenfolge der steuerpflichtigen Personen in den Vordrucken sei daher eine rein „organisatorische Maßnahme“, um das Besteuerungsverfahren als Massenverfahren möglichst zuverlässig und schnell abwickeln zu können.

Ministerium: „Tiefgreifende Eingriffe“ nötig, um das zu ändern

„Trotz der vorangestellten Gründe verkennt das Bundesfinanzministerium nicht die gesellschafts- und gleichstellungspolitischen Belange im Hinblick auf eine geschlechterneutrale Gestaltung der Steuererklärungsvordrucke“, beteuert man aber im Ministerium. Besserung ist in Sicht. Vorgesehen sei, unabhängig von der Reihenfolge und Bezeichnung der steuerpflichtigen Personen in der Steuererklärung die jeweiligen – individuellen – Angaben der beiden zusammenveranlagten Personen mit Hilfe der Steueridentifikationsnummer eindeutig zuzuordnen.

Will die starre Reihenfolge ändern, aber braucht dafür Zeit: Finanzminister Olaf Scholz.
Will die starre Reihenfolge ändern, aber braucht dafür Zeit: Finanzminister Olaf Scholz.

© imago images / Emmanuele Contini

Doch eine schnelle Nummer ist das leider nicht, warnt das Ministerium. „Hierzu sind jedoch tiefgreifende Eingriffe in die Architektur der IT-Verfahren erforderlich, die aufgrund der zuvor beschriebenen Aspekte nicht kurzfristig umzusetzen sind“.

Das muss wohl stimmen. Denn schon vor zwei Jahren hatte ich mich über die Formulare geärgert und nachgefragt. 2017 habe ich fast dieselbe Antwort bekommen. Ewig grüßt das Murmeltier. Fragt sich: Hat sich in dieser Zeit eigentlich irgend etwas getan? In zwei Jahren höre ich wieder nach.

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