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Panorama: Bunte Slogans für breite Schultern

Die Brüder Finkbeiner verschönern mit Camp David Männer in ganz Deutschland.

„Wir haben 2011 die 100-Millionen-Umsatz-Grenze geknackt“, sagt Thomas Finkbeiner beiläufig. Eigentlich sollte das erst 2012 passieren, aber seit Dieter Bohlen die Marke Camp David trägt, explodieren die Geschäfte. Geführt wird die Handelsgesellschaft Clinton in Hoppegarten von drei Brüdern aus dem Schwarzwald: Thomas, Hans-Peter und Jürgen. Die Finkbeiners sind Quereinsteiger, darauf legt Thomas, der Jüngste, wert.

Finkbeiner war gerade eine Woche Skifahren, seine gesunde Gesichtsfarbe passt zur entspannten Haltung. Das hellblaue Hemd mit Stickerei leuchtet satt. Auf der Fensterbank steht ein Pappaufsteller, auf dem Dieter Bohlen ein ähnliches Hemd trägt und breit grinst.

Über das Image von Camp David muss man sich nicht mehr unterhalten. „Die Aufmerksamkeit und Medienpräsenz, die er wie kein zweiter Prominenter im deutschsprachigen Raum erfährt, bringt der Marke Camp David eine nicht zu überbietende Werbewirksamkeit“ – so wird das in einem Leitfaden für Großkunden beschrieben. Und das Konzept geht auf. Wenn Bohlen in einem Hemd von Camp David im Fernsehen auftritt, wollen am nächsten Tag Hunderte, ach was, Tausende genau dieses Hemd haben. Und wehe, wenn es noch nicht in den Läden hängt. „Dann hagelt es Anrufe“, sagt Areamanager Jens Leppin.

Für die Finkbeiners bedeutet das Geschäft „zu 99 Prozent das Kaufmännische, der Rest ist Mode“. Lange konnte man die hauseigenen Marken Camp David und Soccx nur im Osten Deutschlands kaufen. „Irgendwann hatten wir die neuen Bundesländer komplett“ – also versuchten die Finkbeiners, in ihrer alten Heimat Fuß zu fassen. „Aber da haben wir uns jedes Mal blutige Nasen geholt.“

Nach ein paar Monaten mussten sie die Läden wieder schließen. Dabei liefen die Geschäfte mit westdeutschen Touristen in den Clinton-Geschäften in Dresden und Erfurt wie geschmiert. „Es war ein Mysterium“, sagt Finkbeiner. Dann kam diese „Bohlen-Geschichte“. Seit Dieter Bohlen 2010 zum ersten Mal in der Sendung „Das Supertalent“ ein Camp-David-Hemd trug, haben die Finkbeiners den Westen geknackt.

Da kommen sie schließlich auch her. Bodenständigere Westdeutsche als die Finkbeiners gibt es gar nicht. Die Brüder haben was Vernünftiges gelernt, damals in Baden-Württemberg: Thomas und Jürgen Feinblechner bei Mercedes-Benz, Hans-Peter Postbote wie der Vater. Inzwischen arbeitet auch der älteste Bruder, Achim, im Unternehmen, der Mutter haben sie ein Haus in Sichtweite gebaut.

Alles begann vor gut 30 Jahren damit, dass der Mathematikstudent Jürgen Finkbeiner in einem Kreuzberger Jeansladen aushalf, dort Geschäftspartner wurde und zum Abschied eine Filiale in Tegel geschenkt bekam. Als die Mauer fiel, gründeten Jürgen und Hans-Peter, inzwischen Betriebswirt, die East-West-Handelsgesellschaft und eröffneten im Osten ein Geschäft nach dem anderen. Schließlich stieß Thomas dazu, der dafür sein Lehramtsstudium in Karlsruhe abbrach.

1996 fing die Bank an zu drängeln, die Gewinnmargen beim Verkauf von Jeans waren nicht hoch genug. Die Finkbeiners machten ihre eigene Marke auf. Die Firma dafür nannten sie nach dem damaligen Präsidenten der USA: „Wir dachten, der Bill Clinton, der passt zu uns. Der kann was bewegen – wie wir.“ Das Männerlabel heißt nach dem Wochenendsitz des Präsidenten Camp David, die Frauenlinien HRC für Hillary Rodham Clinton und Soccx nach der Familienkatze. Das Franchisesystem bekam den Namen der Clinton-Tochter, Chelsea.

Die Mode von Camp David ist leicht zu erkennen: Immer ist irgendwo der Name draufgedruckt oder -gestickt. Dazu kommen Slogans wie „Daily Shuttle Service“ oder „Member of the Wildlife Safari“ und sehr oft „Heritage“. Wenn einem jemand in einer dieser aufwendig geschmückten Jacken begegnet, fragt man sich, ob er weiß, was all die Schriftzüge bedeuten. Die bei Clinton wissen es jedenfalls, sagt Pressemanager Chris Götz. Jede Saison denkt sich das Designteam Themen wie „European Tennis Academy“ aus. Ein Designer beschäftigt sich dann nur mit den Slogans – da stimme jeder Breitengrad, der auf die Jacken gestickt ist.

„Wir sind laut“, sagt Thomas Finkbeiner zufrieden. Aber jetzt wollen sie beweisen, dass sie auch leise können. Für die Frauen gibt es die Linie Soccx women mit schönen, schlichten Wollpullovern, weichen Stoffhosen und Sweatshirts, deren Ton-in-Ton-Stickerei kaum zu sehen ist. Auch Camp David hat jetzt weiße Hemden, Cordsakkos und Jacken, die gut über einem Anzug passen würden.

Bisher konnte man sich in Camp David für die Freizeit fein machen – wenn man zum Beispiel viel Geld für Fußballtickets ausgegeben hat, oder sich mit Freunden zum Brunch trifft. „Im Moment wollen die da draußen es laut und bestickt“, sagt Thomas Finkbeiner. „Aber wir wollen unsere Marke ja nicht verbrennen. Wir werden darauf aufpassen.“ Das hätte man auch nicht anders von den Finkbeiners erwartet.

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