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Hauptsache bequem. Für Yoga braucht man keine spezielle Kleidung.

© imago/Westend61

Yogakolumne: Das perfekte Yoga-Outfit

Das Shirt flutscht über den Kopf, die Poritze schaut aus der Hose: Was man im Yogastudio lieber nicht tragen sollte.

Eigentlich sollte die Wahl des richtigen Outfits im Yoga keine Rolle spielen. Trotzdem muss ich heute über Klamotten schreiben.

Wie oberflächlich, könnte man sagen. Schließlich geht es beim Yoga gerade nicht um die äußere Erscheinung, sondern darum, die volle Aufmerksamkeit nach innen zu richten. Es ist mehr als ein Wohlfühlprogramm: Yoga kann Kulturkritik sein, uns helfen den unendlichen Verlockungen zumindest temporär den Rücken zu kehren, um mehr Selbstbestimmung zu erlangen. Yoga kann der „du-brauchst-auch-das-noch-um-glücklich-zu-sein“–Suggestion gezielt etwas entgegensetzen.

Aber müssen wir deshalb alle unsere unvorteilhaften, 1000 Mal gewaschenen Ringelleggings zur Session anziehen? Ist es verwerflich, wenn wir das hippeste, figurbetonteste Outfit tragen? Muss es 100 Prozent Bio-bali-lounge-wear sein?

Natürlich sagt das, was wir tragen auch etwas über uns aus. Es soll also bitte jeder für sich entscheiden, was er im Yogastudio anzieht. Ich beispielsweise bevorzuge hochwertige Leggings und einfache Feinrippunterhemden. Ein paar Dinge möchte ich meinen Teilnehmerinnen dennoch raten.

Ein Sport-BH ist eine gute Sache

Es klingt profan, weil Yoga streng genommen kein Sport ist, aber: es hilft, sich der Erfindungen der Sportindustrie zu bedienen. Wenn man Busen hat, ist ein Sport-BH eine gute Sache. Oft genug spaziere ich durch den Raum, um den an der Wand im Handstand stehenden Schülerinnen die Zipfel ihrer T-Shirts in die Hosen zu stecken, damit sie nicht von der ganzen Gruppe in ihren durchsichtigen Dessous angestarrt werden.

Manchen plumpst beim herabschauenden Hund ihre Kapuze vors Gesicht, anderen schnüren ihre fünffach ums Handgelenk gewickelten Mala-Meditationskettchen das Blut ab, besonders bei Stellungen wie der Krähe, wo es auf die Arme ankommt. Die Nächsten verlieren in ihren Kuschelflauschsocken permanent die Bodenhaftung, andere hypnotisieren die Hinterfrau durch ihr indiennostalgisches Diskooutfit mit Glitzer-Om-Zeichen, und wieder andere sind nur damit beschäftigt, sich bei den Positionen „Katze – Kuh“, in denen man die Wirbelsäule abwechselnd streckt und krümmt, die ausgeleierte Schlabberhose zurück über die Poritze zu ziehen. Soviel zur inneren Aufmerksamkeit.

Man sieht jetzt immer mehr Leute, die ihre Sportklamotten auch im Alltag und im Büro anziehen. Athleisure heißt diese Mode. Karl Lagerfeld findet ja, dass Menschen, die Jogginghosen tragen, die Kontrolle über ihr Leben verloren hätten. Klar, das ist überspitzt, aber es hat etwas mit Respekt zu tun, sich ordentlich und dem Anlass entsprechend zu kleiden.

Kauft euch Hosen, die euch passen

Am liebsten sind mir die Anfänger, die zur ersten Stunde in meinem Studio ganz funktional das anziehen, was sie neulich beim Joggen trugen. Sie kennen die Codes noch nicht, die es auch in unserer Welt gibt. Wer in Adidas zur Meditation erscheint, der hat wohl gar nichts kapiert, so denken da doch einige. Wenn ich manch abwertenden Blick beobachte, wundert es mich nicht, dass viele Angst vor ihrer ersten Session haben, dass sie fürchten, bewertet und als unzureichend yogisch eingestuft zu werden.

Dabei gilt noch immer: Es geht beim Yoga nicht um Leistung. Aber sehr wohl darum, Verantwortung für sich und das Leben zu übernehmen – auch in den kleinsten Momenten. Also kauft euch Hosen, die euch passen.

Patricia Thielemann ist Chefin von spirityoga.de.

Patricia Thielemann

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