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Neues Mitglied im Rat für Nachhaltige Entwicklung: Berlins IHK-Präsident Eric Schweitzer.

© dpa

Interview: "Alle Abfälle zu Rohstoffen machen"

Eric Schweitzer, Chef der Recycling-Firma Alba, über Nachhaltigkeit, die Aufgabe der Politik und das Wegschmeißen.

Herr Schweitzer, was verstehen Sie unter Nachhaltigkeit?

Bei allem, was man tut, das Ende zu bedenken, das ist Nachhaltigkeit. Es geht um einen umfassenden und langfristigen Blick auf die Dinge. Man muss sich bewusst werden, welche Auswirkungen das eigene Tun hat, insbesondere auf die Umwelt. Es muss uns klar sein: Wenn wir so weiterleben wie bisher, werden wir bald eine zweite Erde brauchen – und das wird nicht gehen.

Was wissen Sie über den Rat für nachhaltige Entwicklung?

Ich habe die Arbeit des Rates als interessierter Zeitungsleser natürlich verfolgt. Es ist kein Gremium, dass auf ein öffentliches Spektakel aus ist. Sondern es ist eben darauf angelegt, nachhaltig bis in die Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft hineinzuwirken.

Sie sind zum neuen Mitglied in den Rat berufen. Wie kam es dazu?

Ich wurde vom Bundeskanzleramt angesprochen, ob ich zur Verfügung stehe. Natürlich habe ich ja gesagt. Es ist eine große Freude und eine Ehre für mich.

Welches Thema wollen Sie im Rat voranbringen?

Das liegt nahe. Mein besonderer Beitrag könnte das Thema Recycling sein. Unsere Unternehmensgruppe recycelt mehr als sieben Millionen Tonnen Abfälle pro Jahr, die wir als Wertstoffe der Wirtschaft wieder zur Verfügung stellen. Auf diese Weise werden pro Jahr mehr als fünf Millionen Tonnen CO2 eingespart. Insgesamt ist die Umweltbranche oder Green Economy zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor für Deutschland geworden, in dem neue Arbeitsplätze entstehen. Unser Wohlstand lebt im Wesentlichen vom Export. In der Industrie hat Deutschland weltweit einen Marktanteil von acht Prozent, in der Green Economy sind es sogar bereits 15 Prozent.

Welche Ziele wollen Sie erreichen?

Seit dem Jahr 1994 hat Recycling bereits 25 Prozent zu den gesamten CO2-Einsparungen beigetragen, die Deutschland nach dem Kyoto-Protokoll übernommen hat. Das sind 46 Millionen Tonnen klimaschädliches CO2 weniger. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass innerhalb der kommenden 20 Jahre sämtliche Abfälle verwertet werden und damit als Rohstoffe wieder zur Verfügung stehen.

Was würde dies an Einsparungen bringen?

Das habe ich noch nicht ausgerechnet.

Nachhaltigkeit ist gerade sehr angesagt. Tut die Politik genug, um nachhaltige Entwicklung tatsächlich in Gang zu bringen?

Auch ich gehöre zu den Leuten, die hin und wieder politische Entscheidungen kritisieren. Aber Nachhaltigkeit ist ein Thema, das uns alle angeht. Es muss in den Köpfen der Menschen verankert werden. Dafür ist eine deutliche Umstellung unserer Lebensgewohnheiten und auch unseres Bewusstseins nötig. Nachhaltigkeit ist heute oft etwas, das die anderen tun müssen. Man selbst hat gerade keine Zeit oder kein Geld. Das muss sich ändern. Die Politik muss diesen Wandel im Bewusstsein in Gang setzen. Wir müssen alle verstehen, dass es keinen anderen Weg gibt, als auf nachhaltiges Wirtschaften umzustellen. Und diese Umstellung wird neues Wachstum und neue Arbeitsplätze bringen.

Welchen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten Sie persönlich in Ihrem Leben?

Sie werden verstehen, dass das Abfalltrennen bei mir bereits genetisch angelegt ist. Mit tut es in der Seele weh, wenn jemand Dinge einfach wegwirft. Ich achte zu Hause auch sehr darauf, dass zum Beispiel das Licht ausgemacht wird, wenn niemand mehr im Zimmer ist, oder dass die Standby-Funktionen abgeschaltet werden. Nachhaltigkeit beginnt im Kleinen.

Das Gespräch führte Corinna Visser.

DIE KARRIERE

Es ging alles ziemlich flott im Leben Eric Schweitzers. Mit 25 promovierte er 1990 an der FU in Politischen Wissenschaften, dann stieg er bei Alba ein, wo er 1993 in den Vorstand aufrückte. Vor fast genau sechs Jahren wurde der damals 39-Jährige Präsident der Berliner IHK – und damit jüngster Präsident einer Handelskammer in Deutschland überhaupt.



DIE FIRMA

Mit 9000 Mitarbeitern und 2,2 Milliarden Euro Umsatz ist die Alba- Gruppe eine der größten Recycling-Firmen Deutschlands. Zu dem Familienunternehmen, 1968 von Franz Josef Schweitzer in Berlin gegründet, gehört inzwischen auch die Kölner Interseroh. Eric und sein Bruder Axel leiten den Konzern, der in einem guten Dutzend Ländern Geschäfte macht.

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