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Der Nachwuchs wird das Riesengeschäft in Schwung halten: Von den unter 30-Jährigen werden Smartphones besonders gut angenommen.

© dapd

Internetkaufhaus: Amazon drängt in den Smartphone-Markt

Der Markt für Smartphone wächst weltweit um 45 Prozent. Davon will angeblich auch Amazon ein Scheibchen abhaben. Doch Analysten sind skeptisch.

Der koreanische Elektronikkonzern Samsung verkaufte vergangenes Quartal 380 Smartphones – pro Minute. Am Ende gingen zwischen Januar und März 50 Millionen Geräte über den Ladentisch. So viel Erfolg zieht Nachahmer an. Das amerikanische Internetkaufhaus Amazon, zitiert der Finanzinformationsdienst Bloomberg zwei ungenannte Manager, will ins Geschäft mit den Taschencomputern einsteigen. Demnach hat der Elektronikhersteller Foxconn den Auftrag bekommen, ein solches Gerät für den US-Konzern zu entwickeln. Es soll auf dem weltweit führenden Betriebssystem Android basieren, das der Internetkonzern Google kostenlos bereitstellt.

Der Kampf um den Smartphonemarkt geht damit in eine neue Runde. Dabei ringen die IT-Riesen um ein riesiges Geschäft. Jeder dritte Deutsche besitzt bereits heute einen der digitalen Alleskönner. Bei den unter 30-Jährigen ist es sogar jeder Zweite. Insgesamt wurden den Marktforschern von Gartner zufolge weltweit 144,4 Millionen Smartphones im ersten Quartal 2012 verkauft, ein Plus von 45 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Trotz des extremen Anstiegs ist es eine knallharte Branche. Schwer haben es viele, wirklich erfolgreich sind nur zwei: Apple und Samsung. Sie teilen sich inzwischen die Hälfte des Marktes. Die Koreaner sind dabei in Westeuropa und Asien führend, Apple dominiert in Nordamerika. Der Wettlauf der Giganten ist eine Auseinandersetzung der Betriebssysteme: Apple baut auf sein selbst entwickeltes iOS, Samsung setzt auf Googles Android.

Video - Samsung verdient am "Galaxy":

Dass beide Systeme erfolgreich sind, liegt an den ergänzenden Programmen, den sogenannten Apps. Von ihnen gibt es bei iOS und Android mit Abstand am meisten. Im Appstore von Apple sind es mehr als 650 000, im „Android Market Store“ über 600 000. Der „Windows Phone 7.5 Store“ von Microsoft kommt auf gut 100 000 Apps. Diese Software wird etwa von Nokia in seinem neuen Smartphone Lumia 800 eingesetzt.

Die Finnen allerdings gehören zur großen Gruppe der Konkurrenten, die sich extrem schwer tun. Und nicht nur Nokia ist angeschlagen. Der Taiwaner Hersteller HTC etwa war vor zwei Jahren noch der Aufsteiger schlechthin. Im abgelaufenen zweiten Quartal hingegen halbierte sich der Gewinn der Marke auf 200 Millionen Euro. „In der Luxusklasse gibt es Samsung und Apple. Bei den günstigeren Modellen sind die Handys von HTC wegen ihres Preises nicht konkurrenzfähig“, sagt Analyst Richard Ko von KGI Securities. Im Billigbereich dominieren neue Marken aus China: ZTE und Huawei.

Und Amazon? Analysten sehen die Smartphoneoffensive skeptisch. Es sei völlig unklar, wie der Internethändler die Geräte einsetzen will, um sein Kerngeschäft anzutreiben. Beim Amazon-Tablet sei es noch einfach zu verstehen: „Über den verhältnismäßig großen Bildschirm lassen sich Waren gut verkaufen.“ Auf dem schmalen Telefondisplay sei das schon viel schwieriger. Der Werbeexperte Amir Kassaei glaubt ebenfalls nicht so recht ans Amazon-Smartphone. Er twitterte: „Amazon will ein eigenes Smartphone bauen. Berlin wollte einen eigenen Flughafen bauen. Die EU wollte eine eigene Währung bauen. Alles klar!“ Allerdings hat Amazon inzwischen einige Erfahrung mit mobilen Geräten. Mit seinem Tablet-PC „Kindle Fire“ hat Jeff Bezos die Computerhersteller unter Druck gesetzt, weil der Rechner mit 199 Dollar relativ billig ist. Das hat einen guten Grund. Amazon geht es nicht in erster Linie um hohe Margen in der Hardware, sondern um die Umsätze aus dem Verkauf von Apps, Musik, Filmen oder Büchern über alle Geräteklassen hinweg.

Ovum-Analyst Adam Leach hält den Eintritt in den Smartphonemarkt nach dem Erfolg der Tablets für logisch. „Amazon hat bei Inhalten ein einmaliges Angebot“, sagt er. Und immer mehr Menschen kauften übers mobile Internet. Das aber bedeutet: Sollte der Konzern die bisherige Billigpreisstrategie auch bei Smartphones umsetzen, wird es eng für wenig profitable Anbieter wie HTC oder Nokia. Nur Samsung hat in jedem Fall die Nase vorn. Die Koreaner profitieren nicht nur von ihrem eigenen populären „Galaxy“-Smartphone. Sie versorgen auch den Wettbewerber Apple mit Halbleitern und Bildschirmen für dessen iPhone und iPad. Gewinnt Apple, verliert Samsung zumindest nicht. HB

D. Bungart, J. Hofer, S. Metzger

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