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Kein Gegenmodell fiel den Weltbild-Chefs zur Online-Konkurrenz ein. Foto: dpa

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Wirtschaft: Amazon war eine Nummer zu groß

Wie der Weltbild-Chef sein Lebenswerk verspielte.

München - Seit 39 Jahren steht Carel Halff in den Diensten von Weltbild. Aus einem defizitären und auf religiöse Werke beschränkten Buchverlag hat er zwischenzeitlich ein Medienhaus mit 1,6 Milliarden Euro Umsatz gemacht. Doch am vergangenen Freitag ging Halff in Augsburg zum Amtsgericht und meldete Insolvenz an. Bis zu 6000 Mitarbeiter bangen nun um ihre Jobs. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) bekundete am Wochenende die grundsätzliche Bereitschaft zu helfen. „Von Bürgschaften bis Überbrückungen ist alles möglich, aber es müssen Konzepte dahinterstehen“, sagte er dem Bayerischen Rundfunk. Da sei auch die Hilfe der katholischen Kirche nötig. Diese wies Vorwürfe zurück, sie lasse die Mitarbeiter im Stich. „Wir stehen zu unserer Verantwortung“, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Dieter Beer, Generalvikar des Erzbistums München, dem „Handelsblatt“. Für die „Abfederung der sozialen Härten“ werde man das einst für den Umbau gedachte Geld in die Hand nehmen.

Halff scheiterte daran, Weltbild fit fürs Internetzeitalter zu machen. „Er hat kein Gegenmodell zu Amazon gefunden“, sagt ein Unternehmenskenner. Der US-Internetkonzern ist binnen weniger Jahre zum größten Buchhändler Deutschlands aufgestiegen – unterschätzt von Weltbild. „Die Geschäftsführung hat viel zu spät auf die digitale Revolution reagiert“, kritisiert ein kirchennaher Manager. Doch Halff hatte noch ein anderes Problem: Der Konzern gehört zwölf Bistümern, dem Militärbischofsamt sowie dem Verband der Diözesen. Konservativen Kirchenkreisen ist es ein Dorn im Auge, dass Weltbild auch erotische Literatur führt. Dennoch waren die Gesellschafter zunächst bereit, den Umbau mit frischem Geld zu unterstützen. Doch zuletzt konfrontierte Halff die Eigentümer mit einem riesigen Finanzbedarf. Statt 60 bis 65 Millionen Euro hätten sie in den nächsten drei Jahren 135 bis 160 Millionen Euro zuschießen sollen. Eine Entscheidung hätte binnen wenigen Tagen fallen müssen – unmöglich angesichts der komplizierten Eigentümerstruktur.

Nicht alles an Weltbild ist schlecht. Die 400 eigenen Läden hätten weitgehend funktioniert, heißt es in Firmenkreisen. „Es gibt eine Chance, dass ein großer Teil der Filialen überleben wird.“ Zum Hoffnungsträger könnte für manchen Beschäftigten in der Augsburger Zentrale ausgerechnet Amazon werden: Die Amerikaner betreiben eine halbe Autostunde südlich ein großes Logistikzentrum. HB

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