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Deutsche Post: Ämter zu Agenturen

Heute gibt man seine Pakete nicht mehr bei der Post, sondern in Supermärkten oder an Packstationen auf. Die Kunden profitieren, sagen Verbraucherschützer. Es gibt aber auch Kritik.

Sie ist eine der Letzten ihrer Art: Die Poststelle im Bundestag in Berlin wird noch von der Deutschen Post selbst geführt, mit eigenen Mitarbeitern. Neun weitere solcher „echten“ Postfilialen gibt es noch in Deutschland, die restlichen 13 000 aber sind in den vergangenen 15 Jahren in die Hände von sogenannten Agenturen übergegangen. Darunter ist etwa die Postbank, die rund 1100 Filialen betreibt. Aber auch Supermärkte, Zeitschriftenläden, Schreibwarengeschäfte, Kioske, Restaurants oder Tankstellen tragen heute das Logo des Bonner Konzerns.

Für die Kunden ist das in erster Linie praktisch. Der Supermarkt ist mindestens bis 20 Uhr geöffnet, die Tankstelle oftmals die ganze Nacht. Die alten Postfilialen hielten dagegen Mittagspause und waren meist um 17.30 Uhr schon geschlossen. Der Service, den die Agenturen anbieten, ist offiziell derselbe. Zwar sind die Mitarbeiter, die im Kiosk die Briefe und Pakete annehmen, nicht bei der Post angestellt, aber sie werden von Mitarbeitern des Konzerns geschult.

Eigentlich müsste die Post das nicht tun. Zwar sieht das Gesetz vor, dass in der Bundesrepublik mindestens 12 000 Postfilialen bestehen müssen, um eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Seit aber das Briefmonopol 2008 gefallen ist und nun auch Konkurrenten am Markt sind, wäre die Post nicht mehr in der Pflicht. Sie übernimmt diese Aufgabe aber weiter, auch weil ihr Filialnetz das größte ist. Zu den 13 000 Filialen kommen bundesweit noch 7000 Verkaufsstellen, wo Kunden Briefmarken und Schreibwaren kaufen können. Zudem gibt es mehr als 2500 Packstationen, an denen registrierte Nutzer Pakete aus den Schließfächern rund um die Uhr abholen und auch dort aufgeben können.

Bereits Mitte der 90er Jahre hat die Post angefangen, erste Filialen an Agenturen abzugeben. „Wir wollten laufende Kosten sparen“, sagt Post-Sprecher Dirk Klasen. In den 90er Jahren habe der Konzern viele Immobilien in zentralen Lagen verkauft. Auch die zunehmende Konkurrenz im Paketgeschäft habe ein Umdenken erfordert. „Die durchschnittliche Wochenöffnungszeit in unserem Filialnetz lag Anfang der 90er Jahre bei 18 Stunden und beträgt heute 46 Stunden“, sagt Klasen. Im Briefgeschäft ist die Post auch heute noch die Nummer eins, aber bei den Paketen luchsen Unternehmen wie Hermes, dpd oder GLS dem einstigen Platzhirschen zunehmend Marktanteile ab.

Der Einzelhandel schien der ideale Partner für den Betrieb der Filialen: „Auch die Geschäfte profitieren davon, dass sie diese Dienstleistung übernehmen“, sagt Klasen. Das bestätigt auch der Handelsverband Deutschland. „Der HDE sieht die Postannahmestellen in vielen Geschäften positiv“, sagt Sprecher Stefan Hertel. In vielen ländlichen Regionen könne der Handel helfen, die für die Post nicht mehr rentable Versorgung aufrechtzuerhalten. „Für den Handel bringen die Poststellen zusätzliche Frequenz und somit mehr Kunden in die Läden“, sagt Hertel.

Als die Post damit begann, ihre Filialen abzugeben, gab es zunächst großen Protest der Gewerkschaften und der Bevölkerung. Heute scheint sich darüber kaum mehr jemand aufzuregen. Selbst die Gewerkschaften sind besänftigt. „Grundsätzlich halten wir die Umstellung auf die Agenturen für eine falsche Entscheidung“, sagt zwar Sigrun Schmid, Expertin für Post und Logistik bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Die Post gebe damit den direkten Kontakt zu den Kunden auf. Der Konzern habe aber keinem der 20 000 vom Umbau betroffenen Mitarbeiter gekündigt. Sie wurden in anderen Unternehmensbereichen eingesetzt, schulen heute die Mitarbeiter der Agenturen oder sind in Rente gegangen. „Allein durch Fluktuation verlassen jedes Jahr rund 1000 Mitarbeiter den Konzern“, sagt Post-Sprecher Klasen.

Auch Verbraucherschützer haben kaum Einwände gegen das Modell. „Wir sehen grundsätzlich kein Problem darin, dass die Mitarbeiter nicht bei der Post angestellt sind, so lange die Qualität stimmt“, sagt Michael Bobrowski vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV). „Durch die Agenturen gibt es längere Öffnungszeiten und für viele Kunden hat sich die Erreichbarkeit der Poststelle verbessert“, sagt Bobrowski. Durch die Packstationen seien die Kunden völlig unabhängig und nicht mehr auf Nachbarn oder Geschäfte zur Annahme von Paketen angewiesen.

Allerdings kritisieren die Verbraucherschützer den allgemeinen Trend, dass Kunden immer mehr Dienstleistungen selbst ausführen, die früher die Unternehmen erbracht haben. So fertigt der Kunde an der Packstation sein Paket selbst ab, zahlt aber den gleichen Preis, kritisiert Bobrowski. „Auch der E-Postbrief, der elektronisch verschickt wird, kostet 55 Cent – hier spart nur die Post, nicht der Kunde.“

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