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Auch für Ex-Manager lange interessant gewesen: die Konzernzentrale der Deutschen Bahn am Potsdamer Platz in Berlin.
© imago images / IPON

Elf Verstöße gegen Aktienrecht: Bahn schafft Beraterverträge mit Ex-Managern ab

Lukrative Vereinbarungen mit Ex-Managern und politisch exponierten Personen: Das war jahrelang Praxis bei der Bahn – und wird jetzt vom Aufsichtsrat gestoppt.

Die Deutsche Bahn will künftig ehemalige Manager nicht mehr mit Beraterverträgen ausstatten. Wie der Aufsichtsrat nach seiner Sitzung in Berlin mitteilte, sollen ab sofort Beraterverträge für frühere DB-Manager grundsätzlich untersagt sein, ebenso entsprechende Verträge mit "Personen mit politisch exponierter Stellung". Aufsichtsratschef Michael Odenwald erklärte: "Für uns steht fest: Die Praxis der Vergangenheit wird abgestellt."

Die Bahn hatte seit Anfang Juni auffällige Beraterverträge untersucht, die ehemalige Topmanager des Konzerns in den Jahren von 2010 bis 2018 ohne Beteiligung des Aufsichtsrates erhalten hatten. Schon vor der Sitzung war durchgesickert, dass in elf Fällen Verstöße gegen das Aktienrecht festgestellt worden seien. Zuletzt war bekannt geworden, dass es auch Verträge mit dem früheren NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers gab. Der CDU-Politiker äußerte sich dazu bislang nicht.

In einem Fall spricht der Aufsichtsrat von Bereicherung. Das Gremium machte daher den Weg für Rückforderungen von Honoraren von einem Ex-Vorstand einer Tochtergesellschaft frei. Er soll für den mit über 300.000 Euro dotierten Kontrakt keine ausreichenden Leistungen geliefert haben.

Die Untersuchung der Affäre hatte sich vor allem auf Verträge mit Ex-Vorstand Ulrich Homburg konzentriert. In einem Fall wurde dem Untersuchungsbericht zufolge, der Reuters vorlag, ein Vertrag pflichtwidrig am Aufsichtsrat des Konzerns vorbei geschlossen. Unterzeichnet hatte diesen Kontrakt Homburgs Nachfolger als Personenverkehrsvorstand, Berthold Huber. Als Konsequenz wurde ihm daraufhin nach Angaben aus Konzernkreisen die geplante Zuständigkeit für die Güterbahn DB Cargo doch nicht übertragen.

Für Verantwortliche bei der Bahn waren vor der Sitzung Rügen oder Abmahnungen im Gespräch gewesen. Dazu gab es am Mittwoch aber noch keine Entscheidung. Der Aufsichtsrat lehnte es jedoch ab, auch nur einen der untersuchten Beraterverträge nachträglich zu genehmigen.

Hybrid-Anleihen sollen Finanzierungslücke schließen

Aufsichtsratskreisen zufolge befasste sich das Gremium am Mittwoch zudem mit der milliardenschweren Finanzierungslücke bei der Bahn. Diese soll nun teilweise mit sogenannten Hybrid-Anleihen über zwei Milliarden Euro geschlossen werden. Diese werden formal nicht auf die Verschuldung sondern auf das Eigenkapital angerechnet. Da die Bahn ihre vom Bundestag vorgegebenen Verschuldungsgrenze von 20,4 Milliarden Euro praktisch erreicht hat, wird diese so offiziell nicht überschritten. Faktisch sind aber auch diese Anleihen Schulden, für die zudem höhere Zinsen fällig sind als für normale Bonds.

Den Rest der Finanzlücke von insgesamt gut fünf Milliarden Euro will die Bahn über den Verkauf oder Börsengang der Nahverkehrstochter Arriva schließen. In Kreisen des Aufsichtsrat hieß es, voraussichtlich im November werde das Gremium in einer Sondersitzung darüber entscheiden. Als besonders interessiert gelten die Finanzinvestoren Carlyle und Apollo.

Der Bundesrechnungshof hatte zuvor in einem Bericht an den Bundestag die Bahnfinanzen bemängelt. Der Konzern wies die Kritik der Kontrolleure am Tag der Aufsichtsratssitzung jedoch scharf zurück. Der Rechnungshof wolle "zurück in die 80er-Jahre", fordere einen "überbordenden Wust an Bürokratie", seine Pläne würden dem deutschen Bahnsystem "schaden", hieß es in einer Presseinformation. (Tsp, Reuters, dpa)

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