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Wirtschaft: Bahn streitet mit der Bundesregierung

Aufsichtsbehörde soll notwendige Investitionen in die Modernisierung der Infrastruktur blockiert haben

Düsseldorf (ek/HB). Zwischen der Deutsche Bahn AG und ihrem Eigentümer, dem Bund, ist ein Streit um die Investitionen für die Modernisierung der Bahninfrastruktur entbrannt. Das erfuhr das Handelsblatt aus Kreisen des Aufsichtsrates. Bei der morgen stattfindenden Sitzung des Aufsichtsgremiums geht es um die mittelfristige Finanzplanung für den BahnKonzern. Vermutlich, so hieß es in den Kreisen, werde es dort zwischen Bund und Bahn „richtig krachen".

Bereits seit längerem gibt es zwischen dem Bundesfinanzministerium und dem Bahnvorstand unterschiedliche Auffassungen über die Förderfähigkeit bestimmter Investitionen, wurde dem Handelsblatt auch aus dem Unternehmen inoffiziell bestätigt. Prinzipiell sind die vom Bund gezahlten Mittel ausschließlich für die Infrastruktur vorgesehen, also für den Ausbau der Schienenwege. Doch im Detail fällt die Grenzziehung schwer. Strittig ist etwa, inwieweit Steuergelder in Projekte der Bahn-Tochter DB Station & Service, also in Bahnhofssanierungen, fließen können.

Ein weiterer Konfliktpunkt ist die Einführung einer neuen, international kompatiblen Betriebsleittechnik auf Mobilfunkbasis. Für dieses „European Train Control System“, das den grenzüberschreitenden Einsatz von Hochgeschwindigkeitszügen und Güterzugloks erheblich vereinfachen soll, sind Milliardeninvestitionen sowohl in das Netz als auch in die Lokomotiven erforderlich. Konsequenz der Auseinandersetzungen ist offenbar, dass die Freigabe von Investitionsmitteln, in die auch das Eisenbahn-Bundesamt als Aufsichtsbehörde eingeschaltet ist, oft über Monate verzögert wird. Beim Mittelabfluss habe sich deshalb inzwischen ein Rückstau „von einigen 100 Millionen Euro“ angesammelt, hieß es im Aufsichtsrat.

In Bahn-Kreisen wurde dies inoffiziell bestätigt. Das Unternehmen habe zahlreiche Projekte mit Eigenmitteln vorfinanziert. Es gerate aber zunehmend in die Finanzklemme. Denn oft falle es der Bahn schwer, bei vom Bund geleisteten Zahlungen den Eigenanteil für die jeweilige Investition aufzubringen. Die knappen finanziellen Spielräume haben insbesondere bei den Eisenbahnergewerkschaften Zweifel geweckt, dass das Unternehmen schon im Jahr 2004 oder 2005 fit für einen Börsengang ist. Entsprechende Vorstellungen hatte Bahnchef Hartmut Mehdorn in einem Zeitungsinterview geäußert. Demgegenüber hatte der Chef der Eisenbahnergewerkschaft Transnet, Norbert Hansen, nach einem Gespräch mit Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe am letzten Wochenende erklärt, dass „nicht überhastet aufs Parkett gesprungen wird". Der Zeitpunkt für einen Börsengang, so Hansen, sei zurzeit überhaupt nicht absehbar.

Nach Handelsblatt-Informationen bleiben die Geschäftsbereiche des Bahn-Konzerns in der Planung für die kommenden Jahre deutlich unter der von Mehdorn für den Börsengang immer wieder genannten Kapitalrendite von neun bis zehn Prozent. Ein Sprecher stritt dies auf Anfrage ab – die Ziele seien unverändert. Mit wachsender Unruhe verfolgt der Bahnvorstand die Steuerpolitik der Bundesregierung. Die von Rot-Grün angestrebte Mehrwertsteuersenkung für Fernverkehrstickets von 16 auf 7 Prozent, von der sich die Bahn mehr Fahrgäste erhofft, könne angesichts der übrigen Steuerbelastungen und des damit verbundenen Konsumverzichts in Frage gestellt werden, deutete Mehdorn an.

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