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Reif für die Fertigung. Am Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) in Moabit bereitet man sich auf die Gründung eines Batterie-Start- Ups vor.

© promo

Elektromobilität "Made in Berlin": Batterien aus der Hauptstadt

Stadtrundfahrt in die Zukunft der Mobilität: Wie aus Forschern Unternehmer werden, wo Continental Elektromotoren in Berlin entwickelt und warum ein Kiez in Bewegung kommt.

Bald soll es so weit sein, im Januar 2017 schon: In Berlin-Brandenburg geht die erste Batteriefabrik ans Netz. „Die Finanzierung steht, die Geschäftspläne sind fertig“, sagte Werner Schönewolf am Freitag dem Tagesspiegel. Mehr verrät der Leiter der Abteilung Verkehrstechnik am Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) noch nicht. Die letzten Gespräche mit Investoren würden auf der Nutzfahrzeug-IAA Ende September in Hannover geführt. Danach kann Schönewolf mehr sagen. So viel ist gewiss: Ende des Jahres gründet das IPK ein Start-up aus, das in die kommerzielle Batterieproduktion für elektrische Transporter einsteigt.

Seit drei Jahren entwickeln Schönewolf und sein Team in Berlin-Moabit modulare Batteriesysteme und Wechselbatterien für Nutzfahrzeuge. Hinter dem sperrig klingenden Forschungsprojekt steckt eine kleine Sensation: In Berlin soll ein Batterie-Baukasten lokal produziert werden, der für Fahrzeughersteller überall auf der Welt interessant sein könnte. Bemerkenswert ist, dass sich bislang kein Konzern oder Zulieferer fand, der die Berliner Entwickler unterstützen wollte. „Wir haben weltweit Absagen bekommen“, berichtet Schönewolf. Gebraucht werde aber „wirtschaftlicher Erfolg, nicht nur wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn“, lautet einer seiner Leitsätze. In der Fabrik der Zukunft auf dem Spreebogengelände scheint der Sprung zu gelingen – aus dem Labor auf die Straße.

Conti beschäftigt 240 Mitarbeiter in der Stadt und will wachsen

Doch das IPK ist nicht der einzige Ort in der Stadt, an dem die Zukunft der Mobilität greifbar ist. Die Agentur für Elektromobilität (emo) stellte am Freitag weitere Standorte vor. Ebenfalls in Moabit, in der Sickingenstraße, zeigt der Autozulieferer Continental Innovationen „Made in Berlin“. Mit 240 Beschäftigten entwickelt der Dax-Konzern hier Elektromotoren, Leistungselektronik in Leistungsklassen von zwölf bis 450 Volt oder elektrische Steuerungseinheiten, etwa für Start- Stopp-Systeme im Auto. Elektromobilität „vom Designstück bis zur Prozessoptimierung“, wie Standortleiter Hartmut Schneeweiß sagte. Schon seit 2009 wird ein E-Motor aus der Berliner Entwicklungsabteilung im Renault Zoe verbaut.

Produziert wird nicht in Berlin, sondern im Werk Nürnberg. Doch Continental will in Berlin expandieren. „Wir wachsen stetig“, sagte Conti-Mitarbeiter Marc Eberbeck. „Wir suchen gute Ingenieure und Projektleiter.“ Die Aufmerksamkeit für das Thema Elektromobilität sei gewachsen. „Das bedeutet mehr Arbeit für uns“, sagte Standortleiter Schneeweiß.

Die jüngste Innovation aus Berlin geht in Kürze in Serie: Ein „europäischer Autokonzern“ – Details werden nicht verraten – baut einen in Moabit entwickelten 48-Volt-Generator in eines seiner Fahrzeuge ein. Der Durchbruch für weitere Aufträge, wie man in der Sickingenstraße hofft. „Wir gehen von schnellem Wachstum aus“, sagt Hartmut Schneeweiß. Die neue elektrische Maschine arbeitet sowohl als Generator als auch als Starter beziehungsweise elektrischer Motor zur Unterstützung eines Verbrennungsmotors. Teurer in der Anschaffung, dafür günstiger im Verbrauch. Continental spricht von einer Spritersparnis von 21 Prozent.

3500 E-Autos rollen in der Stadt

Obwohl das Berliner Schaufenster der Elektromobilität öde schien, wohl auch mangels politischer Unterstützung, hat die Hauptstadtregion viel zu bieten. 3500 E-Autos auf der Straße, 770 Ladepunkte, mehr als 500 Akteure und über 70 Projekte. Weitere 50 sind in Vorbereitung, obwohl das von Bund und Land geförderte „Schaufenster“-Programm Ende 2016 ausläuft. „Wir machen weiter“, sagte eine emo-Sprecherin. Künftig will man sich mit übergeordneten Themen beschäftigen: urbane Mobilität, Intermodalität, Fahrzeugvernetzung, Automatisierung.

Wie sich der Alltag ändert, wenn neue Formen der Fortbewegung ausprobiert werden, zeigt eine Bürgerinitiative: die Mierendorff-Insel. Unter anderem gefördert vom Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf und BMW, weist das Kiezprojekt „Neue Mobilität Berlin“ Wege aus dem Verkehrskollaps. Carsharing, Call-a- Bike, Infostand und „Bring-Dein-Kissen-mit-Lounge“: ein Projekt zwischen Happening und Verkehrserziehung. „Es bringt nichts, den Menschen etwas vorzusetzen“, sagte Frank Hansen von BMW. „Die Anwohner müssen beteiligt werden, sie müssen mitentscheiden können.“ BMW und andere sind aus Erfahrung klug geworden. Vor zwei Jahren scheiterte das „EcoMobility World Festival“ in Pankow, weil man die Anwohner nicht davon überzeugen konnte, einen Monat lang auf ihr Auto zu verzichten.

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