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Schließungspläne: Bei AEG Nürnberg ruht die Produktion

Im Nürnberger AEG-Hausgerätewerk wird nach Einschätzung von IG Metall und Betriebsrat bis Weihnachten kaum noch Ware produziert werden. Auch andere Standorte sind auf Nürnberger Teile angewiesen.

Nürnberg - Nach der Entscheidung des Electrolux- Konzerns, das Werk mit 1750 Mitarbeitern Ende 2007 zu schließen, seien die Beschäftigten voller Wut, sagte Betriebsratschef Harald Dix am Mittwoch. "Sie wollen nicht mehr arbeiten, sie wollen kämpfen." Am Mittwoch ruhte erneut die Arbeit. Nach einer Information durch den Betriebsrat hätten die Beschäftigten eigenständig beschlossen, nicht in die Werkshallen zurückzukehren.

Jürgen Wechsler von der IG Metall Nürnberg erklärte, die Schließungskosten für das Werk würden viel höher liegen als die von Electrolux veranschlagten 250 Millionen Euro. Dix sagte, wenn in Nürnberg in den nächsten Tagen nicht mehr produziert werde, bekämen dies auch andere Electrolux-Standorte schnell zu spüren. So sei die Trocknerfertigung in Polen auf Teile aus Nürnberg angewiesen. "Wenn Nürnberg steht, steht auch Polen", sagte Dix.

Die IG Metall will für einen Sozialtarifvertrag kämpfen, der die volle Bezahlung der Arbeitnehmer bis Ende 2010 sichert. Daneben fordere sie Vorruhestandsregelungen für Beschäftigte ab 53 Jahren sowie Abfindungen in Höhe von drei Monatsverdiensten je Beschäftigungsjahr, sagte Bayerns IG Metall-Chef Werner Neugebauer. Er nannte den Schließungsbeschluss "ökonomisch nicht erforderlich und arbeitsmarktpolitisch eine Katastrophe".

Die Forderungen seien von der Tarifkommission der AEG am Dienstagabend einstimmig beschlossen worden, sagte Neugebauer. Noch in dieser Woche würden sie den Arbeitgebern übermittelt. "Wir sind bereit, ab sofort 24 Stunden am Tag zu verhandeln." Sollte der Konzern Gespräche über einen Sozialtarifvertrag aber ablehnen, "sind wir schneller in einer Auseinandersetzung, als es sich die AEG je vorstellen kann". Dieses Szenario schließe eine Urabstimmung und einen folgenden Arbeitskampf ein.

Betriebsratschef Dix sagte, die Stimmung sei seit dem Schließungsbeschluss vom Montag von Trauer in Wut umgekippt. Es sei seitdem kaum noch etwas produziert worden. Er räumte ein, dass die Belegschaft dies mit Abzügen beim Lohn bezahlen müsse. "Wir werden einen erfolgreichen Arbeitskampf führen", gab sich Dix dennoch überzeugt. Seit zehn Jahren habe die Belegschaft nur Verzicht geübt. "Nun ist Schluss mit lustig."

Die Auseinandersetzungen um das AEG-Stammwerk Nürnberg haben nach Ansicht des Nürnberger IG-Metall-Chefs Gerd Lobodda bundesweite Bedeutung. Erstmals werde ein großer Arbeitskampf unter Hartz-IV- Bedingungen geführt werden, sagte Lobodda in einem dpa-Gespräch. Auch für die Gewerkschaft sei dies Neuland. Hartz IV habe bei Kündigungen oder Betriebsschließungen die Verhandlungen über einen Sozialplan mit Abfindungen völlig verändert. "Nach einem oder spätestens eineinhalb Jahren müssen die Leute ihr Geld bei der Arbeitsagentur abgeben", sagte Lobodda. Bei den Beschäftigten wachse das Bewusstsein, dass sie auch mit Abfindungen in das "Hartz IV-Loch" fallen werden, weil sie dann ihre Vermögensverhältnisse offen legen müssten. (tso/dpa)

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