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© p-a/dpa

GSW: Berliner Wohnungen vor dem Verkauf an der Börse

Finanzinvestoren bereiten Rückzug aus der einst landeseigenen GSW vor – 130.000 Mieter sind betroffen. Weder die GSW noch die beiden Eigentümer wollten sich äußern.

Berlin - Die 130 000 Mieter des Berliner Wohnungsunternehmens GSW bekommen womöglich bald einen neuen Vermieter. Fünf Jahre nach dem Verkauf der ehemals kommunalen GSW an Cerberus und Whitehall wollen die Finanzinvestoren das Unternehmen in Teilen 2010 an die Börse bringen. Das erfuhr der Tagesspiegel am Dienstag in Finanzkreisen. Experten zeigten sich von den Plänen nicht überrascht. Börsengänge und Kapitalerhöhungen von Immobilienfirmen stießen bei Investoren wieder auf Interesse, hieß es. Der mögliche Börsenwert der GSW wird auf 800 bis 900 Millionen Euro geschätzt. Weder die GSW noch die beiden Eigentümer wollten sich äußern. Whitehall gehört zur US-Investmentbank Goldman Sachs. Sie bereitet zusammen mit der Deutschen Bank den Börsengang vor.

Die 1924 gegründete GSW ist mit 70 000 Wohnungen einer der größten Immobilieneigentümer Berlins. Cerberus und Whitehall hatten die GSW 2004 für 405 Millionen Euro vom Land Berlin gekauft. Übernommen wurden auch Schulden von 1,56 Milliarden Euro, die durch Verkäufe teilweise abgebaut wurden.

„Dass ein Finanzinvestor nach einigen Jahren eine rentable Möglichkeit zum Ausstieg aus seinem Investment sucht, macht Sinn“, sagte Christian Schulz-Wulkow, Immobilienexperte des Beratungsunternehmens Ernst & Young. „Ein Börsengang ist dabei die bevorzugte Exit- Strategie.“ Die GSW sei ein „exzellent geführtes Unternehmen“. Die Eigentümer hätten ihre Ankündigung wahr gemacht, zum Beispiel den Unternehmenswert zu steigern. „Die Effizienzsteigerung ist enorm – ohne dass Mieter auf der Straße sitzen“, sagte Schulz-Wulkow.

Das Investorenkonsortium hatte sich beim Kauf verpflichtet, in den bestehenden GSW-Bestand bis 2011 etwa 450 Millionen Euro zu investieren. Außerdem sagten die Käufer zu, die sozial- und wohnungspolitischen Ziele der GSW fortzusetzen und „breiten Schichten der Bevölkerung preiswerten Wohnraum“ zur Verfügung zu stellen, bestehende Mietverträge zu erfüllen und auf „Kündigungen wegen Eigenbedarfs oder zur wirtschaftlichen Verwertung“ zu verzichten. Die Investoren verpflichteten sich zudem, die Anteile an der GSW für mindestens zehn Jahre zu halten.

Die GSW-Mieter müsse der geplante Börsengang nicht beunruhigen, sagte Hartmann Vetter, Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins. „Rein rechtlich ändert sich nichts, die Mietverträge bleiben erhalten.“ Künftige Großaktionäre könnten aber durchaus eine andere Geschäftspolitik anstreben, die sich auch negativ für die Mieter auswirke. Vetters Rückblick auf die vergangenen fünf Jahre fällt wenig schmeichelhaft aus: „Es wurde rationalisiert, vor allem beim Personal und bei den Kosten.“ Hausmeisterstellen seien gestrichen und Betriebskosten massiv gedrückt worden, um Spielraum für Mieterhöhungen zu bekommen. „Wo Geld zu holen war, haben die Eigentümer es geholt“, sagte Vetter. Vorwürfen, die Mieten stark zu erhöhen, begegnete die GSW mit dem Hinweis, dass sie in großen Teilen ihrer Häuser nicht einmal die laut Mietspiegel zulässigen Durchschnittsmieten verlange.

Banker beurteilen die Chancen für Immobilienfirmen an der Börse positiv. „Es hat 2009 einige erfolgreiche Transaktionen – etwa Kapitalerhöhungen – in der Immobilienbranche gegeben. Das zeigt: Investoren sind daran interessiert, in bestehende Geschäftsmodelle zu investieren“, sagte Ralf Michaelis, stellvertretender Leiter des Aktienemissionsgeschäfts der Commerzbank. „Das Anlageprodukt Wohnimmobilien wird von privaten und institutionellen Investoren neu entdeckt“, bestätigt Berater Schulz-Wulkow. Finanzinvestoren haben in Berlin rund 200 000 Wohnungen erworben. Cerberus zieht sich wie andere auch schrittweise zurück: So wurden die Anteile an der Baubecon mit 7000 Wohnungen in Berlin verkauft. Auch die US-Firma Oaktree verkaufte 22 800 Wohnungen der früher landeseigenen Gehag. Apellas, ausgestattet mit Kapital des Großinvestors George Soros, verkaufte 6000 Berliner Wohnungen an die Gagfah. Die früher bundeseigene Gagfah gehört auch einem Finanzinvestor: Fortress ist mit knapp 23 000 Wohnungen einer der größten Vermieter in Berlin.

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