zum Hauptinhalt
Mein großer Bruder. Das Samsung Galaxy ähnelt dem iPhone von Apple zu sehr, urteilten die Richter. In den USA droht deshalb jetzt ein Verkaufsverbot.

© dapd

Apple vs. Samsung: Betrug von höchster Stelle

Nach Ansicht des Gerichts hat Samsung Apple ganz bewusst kopiert. Die Samsung-Aktien haben am Montag nach dem verlorenen Patentprozess deutlich an Wert verloren. Die Branche hofft auf Dritte.

Die Geschworenen im kalifornischen San Jose hatten es eilig. So eilig, dass sie am Wochenende den koreanischen Elektronikkonzern Samsung zu Schadenersatz für Geräte verdonnert haben, die gar keine Patente von Apple verletzt haben. Erst als Richterin Lucy Koh sie auf den Widerspruch aufmerksam machte, besserten sie nach. Doch das änderte wenig an dem erdrutschartigen Sieg, den der Technologiekonzern aus Cupertino im bislang bedeutendsten Patentverfahren im Telekommunikationsbereich eingefahren hat. Sechs von sieben angestrebten Patentklagen Apples wurde zugestimmt, Samsung hingegen bekam in keinem einzigen Fall recht. „Der Berg an Beweisen hat gezeigt, dass Samsung noch viel stärker kopiert hat, als selbst wir erwartet haben“, ließ Apple in einem schriftlichen Statement verlauten. Man begrüße die „laute und klare Botschaft, dass Diebstahl nicht in Ordnung ist“.

Für die Koreaner, die jüngst erst Nokia als den größten Mobiltelefonhersteller der Welt abgelöst haben, ist das Ganze eine Katastrophe: Jetzt drohen für eine Reihe von Smartphones Verkaufsverbote in den USA. Und weil gleichzeitig festgestellt wurde, dass die Patente vorsätzlich verletzt wurden, kann Richterin Lucy Koh bei der Festsetzung des Strafmaßes den festgestellten Schadenersatz nach US-Recht auf maximal drei Milliarden Dollar anheben. Ausschlaggebend hierfür war laut Velvin Hogan, Vorsitzender der Jury, eine E-Mail von Google an Samsung aus dem Jahr 2010. Darin hatte Google Samsung geraten, das Gerätedesign nicht so stark an Apples iPhone zu orientieren. Erfolglos. „Irgendwer an höchster Stelle hat Order gegeben zu kopieren“, so Hogan in einem Interview laut Bloomberg.

Samsung will gegen die Entscheidung des Distriktgerichts von Nordkalifornien Berufung einlegen. Sie sei „kein Gewinn für Apple, sondern ein Verlust für die Konsumenten in den USA“, weil sie voraussichtlich zu höheren Preisen, weniger Auswahl und weniger Innovation führen werde, teilte Samsung mit. Apple und Samsung kämpfen weltweit in mehreren Patentprozessen gegeneinander.

Die Samsung-Aktien haben am Montag nach dem verlorenen Patentprozess deutlich an Wert verloren. Das Papier sank um knapp 8 Prozent. Damit ging der Börsenwert um rund 10 Milliarden Euro zurück. Die Südkoreaner haben am Freitagabend einen Patentprozess in Kalifornien gegen Apple haushoch verloren.

Video: Patentschlappe: Samsung-Aktie stürzt ab

Die drohenden Verkaufsverbote ziehen auch den Lieferanten des Betriebssystems „Android“, Google, in den Abgrund. Samsung ist mit Abstand größter Hersteller von Android-Geräten und hat entscheidend dazu beigetragen, dass das Google-Betriebssystem heute Marktführer vor Apple ist. Während Apple voraussichtlich noch Mitte September ein neues iPhone präsentieren wird, sind Samsung vor dem Weihnachtsgeschäft die Hände gebunden. Auch Googles aktuelles Flaggschiff-Smartphone, das Galaxy Nexus, verletzt nach dem Gerichtsentscheid zwei Apple-Patente.

Der Ärger für Samsung hat gerade erst begonnen, schätzt Patentexperte Florian Müller: „Mit diesem Erfolg wird Apple jetzt noch viele andere Patente rauskramen, die sie im ersten Prozess zurückgestellt haben, um mit wenigen starken Ansprüchen einen klaren Sieg zu erzielen“, sagte Müller. Er rechnet mit weiteren Klagen gegen Samsung und andere Hersteller. „Dann könnte irgendwann auch die Wettbewerbssituation ernsthaft betroffen sein“. Keine gute Figur habe Google in der Sache gemacht. Der Webkonzern habe seine Partner nicht ausreichend geschützt. „Das“, so Müller, „könnte dazu führen, dass sich Hersteller wie Samsung aus Android zurückziehen und zum Beispiel mehr auf Microsofts Smartphone-Plattform setzen.“

Darauf baut man auch in Redmond. Microsoft-Manager Bill Cox twitterte kurz nach dem Urteil amüsiert: „Windows Phone sieht auf einmal guuuuuut aus.“ Zusammen mit Nokia werden am 5. September in New York neue Modelle mit der nächsten Version Windows Phone 8 für das Weihnachtsgeschäft vorgestellt. Mehrere andere Hersteller, darunter Samsung oder Neueinsteiger Dell, haben bereits angekündigt, ebenfalls Windows-Geräte auf den Markt zu bringen. Vor allem Mobilfunkbetreiber wollen einen dritten starken Spieler im Markt sehen, damit weder Google noch Apple zu mächtig werden und die Preise und Konditionen diktieren können. Bislang hat Microsoft jedoch nur einen Marktanteil von unter fünf Prozent in den USA. Die bisherige Nummer drei, RIM („Blackberry“) verliert indes konstant Marktanteile. (HB mit dpa)

Axel Postinett

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false