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Proteste vor dem Landgericht in Detmold: Ulf Allhoff-Cramer wird bei seiner Klage von Greenpeace unterstützt.

© dpa/Lino Mirgeler

Biobauer verklagt Volkswagen: Gericht vertagt sich auf Februar

Mit einer spektakulären Klimaklage will Ulf Allhoff-Cramer erreichen, dass VW ab 2030 keine Verbrenner mehr verkauft. Das Gericht braucht Zeit.

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Dass Aktivisten mit Transparenten vor der Tür demonstrieren, ist für das Landgericht im beschaulichen Detmold keine Alltäglichkeit. Doch der Fall, den die Richter dort seit Monaten behandeln, ist auch kein alltäglicher, sondern die „weltweit erste Klimaklage gegen einen Autokonzern“, wie Anwältin Roda Verheyen betont. Die wird das Gericht noch eine Weile beschäftigen. Am Freitag vertagte sich das Gericht auf den 3. Februar nächsten Jahres. Die Aktivisten werden dann neben ihren Transparenten auch dicke Mäntel mitbringen müssen.

Warum der Biolandwirt klagt

Verheyen vertritt in Detmold den Ökolandwirt Ulf Allhoff-Cramer. Der 62-Jährige besitzt in Ostwestfalen einen Biobauernhof mit Grünland für seine Rinder und Feldern, auf denen er Brotweizen anbaut. Der Klimawandel setzt dem Bauern zu, sein Gras verdorrt, die Rinder finden auf der Weide kein Futter mehr. Schuld daran ist nach Meinung des streitbaren Bauern auch Volkswagen mit der massenhaften Produktion von Verbrennerautos. Schadensersatz will er nicht. Unterstützt von Greenpeace will der Landwirt vielmehr erreichen, dass VW ab sofort weniger Benziner und Diesel-Autos baut. Ab 2030 soll VW gar keine Verbrenner mehr verkaufen, fordert Allhoff-Cramer. Volkswagen lehnt das ab. In der EU sind Verbrenner bis 2035 erlaubt.

Kläger: Ulf Allhoff-Cramer und Anwältin Roda Verheyen im Detmolder Landgericht.

© dpa/Lino Mirgeler

Warum das Landgericht Detmold zuständig ist

Dass das Landgericht in Detmold mit diesem Thema zu tun hat, liegt daran, dass der Hof des Klägers in Ostwestfalen-Lippe und damit in der Nähe des Gerichts liegt. Bei der ersten mündlichen Verhandlung im Mai hatte sich der Vorsitzende Richter Manfred Pohlmeier allerdings sehr skeptisch gezeigt, am Freitag forderte er weitere Konkretisierungen des Klageantrags. Verheyen hält das für einen ersten Erfolg, die Klimaanwältin hatte nämlich auch eine Klageabweisung für möglich gehalten. Allerdings ist schon jetzt klar: Notfalls geht der Fall in die Berufung zum Oberlandesgericht Hamm.

VW betonte am Freitag, an der Sachlage habe sich nichts geändert. Das Gericht habe weiterhin „ernsthafte Zweifel“, sagte eine Unternehmenssprecherin. VW weist die Vorwürfe zurück und unterstreicht stattdessen seine Fortschritte in der Elektromobilität. Zudem seien für den Löwenanteil der Emissionen die Nutzer der Fahrzeuge verantwortlich, VW selbst will in seiner Produktionskette bis spätestens 2050 bilanziell klimaneutral sein.

Wir leiden unter Hitze und Dürre.

Ulf Allhoff-Cramer

Die Klage des Biobauern ist nicht die einzige dieser Art. Vor dem Landgericht Braunschweig klagen zwei Greenpeace-Geschäftsführer und eine Klimaaktivistin der Fridys-for-Future-Bewegung mit ähnlichen Inhalten gegen VW, dort rechnet Verheyen mit einer Verhandlung gegen Ende des Jahres. In zwei parallelen Verfahren geht die Deutsche Umwelthilfe gegen BMW und Mercedes vor, der Prozess gegen Mercedes wird am Dienstag vor dem Landgericht Stuttgart fortgesetzt.

Die Kläger fühlen sich ermutigt durch den Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts von März vergangenen Jahres. Die höchsten deutschen Richter hatten darin gewarnt, dass das Treibhausbudget endlich ist und nicht zu Lasten der nachfolgenden Generationen aufgebraucht werden dürfe.

Biolandwirt Allhoff-Cramer will seinen Hof im nächsten Jahr seinem Sohn übergeben, aber er hat Sorge, dass Landwirtschaft künftig nicht mehr funktioniert. „Wir leiden unter Hitze und Dürre“, sagt er. Weil seine Rinder auf den Weiden nichts mehr zu fressen finden, muss er das Futter, das eigentlich für den Winter reichen sollte, schon im August verfüttern. „Deutschland hat sich von einem wasserreichen, fruchtbaren Standort zu einem Hochrisikostandort entwickelt“, klagt der Bauer.

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