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Der Black Friday dominiert in anderen Ländern wie hier in Brasilien den stationären Handel. In Deutschland läuft der meiste Umsatz online.

© REUTERS

Black Friday 2019: Wer nicht online ist, kann mit dem Rabatttag in die Insolvenz rutschen

Nicht alle Händler profitieren von Aktionen wie dem Black Friday. Doch dem Handel geht es bei derlei Rabatttagen ohnehin um mehr als nur hohe Umsätze.

Wenn es um Rabatt-Aktionen im Einzelhandel geht, wurde in den vergangenen Jahren mit Superlativen nicht gespart. Der sogenannte Black Friday und der darauffolgende Cyber Monday brechen ein ums andere Mal den Umsatzrekord des Vorjahres.

Amazon wiederum erklärte in diesem Jahr stolz, die Prime Days, an denen Teilnehmer des Mitgliedsprogramms des US-Händlers besonders gute Preise bekommen, hätten die Umsätze des Black Friday übertroffen. Und der Singles’ Day in China stellt wiederum alle anderen Aktionstage auf der Welt in den Schatten. Die Zeiten, in denen der Handel nur zweimal im Jahr zum Winter- beziehungsweise Sommerschlussverkauf aufrufen konnte, sind endgültig vorbei.

Die nächsten Rabattschlachten finden Ende dieser Woche statt. Am 29. ist der Black Friday, am darauffolgenden Montag der Cyber Monday. Beide stammen aus den USA, wo der Black Friday traditionell günstige Angebote im stationären Handel am Tag nach Thanksgiving und damit den Auftakt zum Weihnachtsgeschäft versprach.

Der Cyber Monday war ursprünglich die Antwort des Onlinehandels; in Deutschland läuft aber auch am Freitag der Großteil der Umsätze übers Internet. Doch was bedeutet es für die Händler, wenn sich der Umsatz auf einige, wenige Daten konzentriert? Geben die Kunden dadurch insgesamt mehr aus? Und profitieren wirklich alle von den neuen Superlativen?

Auch für Media Markt ist der Black Friday riskant

Letztere Frage beantwortet Peter Kenning mit einem klaren „Nein“. Für den Marketingprofessor von der Universität Düsseldorf ist klar, dass der Tag für Geschäfte, die nicht online vertreten sind, eine enorme Gefahr ist. „Dies kann dann rasch zu erheblichen Schwierigkeiten bis zur Insolvenz führen“, beschreibt Kenning. Am stärksten negativ betroffen seien gerade die Händler, deren Warengruppen an den Aktionstagen am gefragtesten sind. „Oft also kleinere Elektrofach- oder Textileinzelhändler.“

Doch auch größere Ketten wie Media Markt oder Saturn, die beide online wie offline voll auf den Black Friday setzen, können Probleme bekommen, wie ein Blick ins Jahr 2017 zeigt. Damals war der Black Friday zwar der umsatzstärkste Tag in der Geschichte des Unternehmens. Andererseits sorgten die vorgezogenen Käufe dafür, dass das Weihnachtsgeschäft im Dezember schlechter lief als erwartet – kein Wunder, die Kunden hatte ihre Geschenke ja schon beisammen. Am Ende machte der Elektronikhändler im Weihnachtsgeschäft deutlich weniger Gewinn als im Vorjahr.

Martin Groß-Albenhausen vom Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (BEVH) sieht noch ein anderes Problem für die Händler. Anbieter müssten darauf achten, dass der höhere Umsatz nicht durch geringere Erträge – schließlich drücken die Rabatte die Margen – überkompensiert würde. „Dann hätten sie nichts gewonnen, da bestimmte Kosten – etwa für Paketsendungen – für sie gleich bleiben“, sagte er dem Tagesspiegel. Dass die Kunden im restlichen Jahr dafür weniger kaufen, kann er zumindest für den Onlinehandel nicht erkennen. „Wir sehen bisher in jedem Monat deutliche generische Zuwächse.“

"Jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden"

Beim Handelsverband Deutschland (HDE) unterstreicht man ebenfalls die große Bedeutung solcher Aktionstage für die Branche. „Der Werbeeffekt der Aktionen ist enorm“, sagte Sprecher Stefan Hertel. „Die Umsätze im Einzelhandel steigen im Jahr 2019 das zehnte Mal infolge.“

Und er setzt darauf, dass die Kunden dadurch sogar insgesamt mehr Geld bei den Händlern lassen. „Natürlich kann jeder Euro nur einmal ausgegeben werden“, meint er. „Aber der Einzelhandel steht auch in Konkurrenz mit anderen Branchen, wie Reiseanbietern, Versicherern oder der Immobilienbranche.“ Wer gute Angebote am Black Friday findet, gibt sein Geld lieber dort aus als in anderen Branchen, so seine Rechnung. „Das muss also kein Nullsummenspiel für den Handel sein.“

Auch die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) bestätigt, dass immer neue Aktionen dem Kunden durchaus immer mehr Geld entlocken können. „Vor allem, wenn solche Aktionstage noch relativ neu für den Konsumenten sind, werden eher zusätzliche Einkäufe getätigt“, sagt GfK-Handelsexperte Norbert Herzog.

„Außerdem zeigen die Verbraucher eine höhere Bereitschaft, während solcher Aktionen besonders höherwertige Produktsegmente zu kaufen.“ Der Durchschnittspreis steige also deutlich an, obwohl die einzelnen Produkte reduziert sind. Durch diese Effekte könnten Händler also höhere Gewinne einstreichen, auch wenn die Margen für die reduzierten Produkte geringer sind als üblich.

In den USA läutet der Black Friday traditionell das Weihnachtsgeschäft ein.
In den USA läutet der Black Friday traditionell das Weihnachtsgeschäft ein.

© obs

Überhaupt gibt es neben höheren Umsätzen noch andere Motive für Aktionstage wie den Black Friday. Wirtschaftsprofessor Kenning nennt sie vorökonomische Motive. „Diese bestehen darin, dass der Kunde nicht nur die rabattierten Artikel kauft, sondern weitere, die in einem Zusammenhang damit stehen, die aber nicht rabattiert sind“, erklärt der Wirtschaftsforscher.

Darüber hinaus könnten inaktive Online-Kunden wieder aktiviert werden. „Zudem gewinnt der Händler Informationen über das Kundenverhalten, zum Beispiel ob und wie diese Kunden auf Rabatte reagieren.“

Fragt man bei dem deutschen Onlinehändler Otto nach dem Black Friday, sieht man diese Thesen bestätigt. „Für uns ist der Black Friday auch zur Kundenneugewinnung wertvoll“, sagt Unternehmenssprecher Frank Surholt. „Wir haben in den vergangenen Jahren gemerkt, dass Leute an diesem Tag bei verschiedenen Shops gucken, ob es gute Angebote gibt, bei denen sie sonst nicht einkaufen.“

Ansonsten gebe es bei Otto zwar vereinzelt Angebote zum Black Friday, „aber nicht in dem Umfang, wie es bei anderen Händlern der Fall ist, die ja mitunter ihr Geschäftsjahr darauf ausrichten“.

Verbraucherzentrale warnt vor Fake-Angeboten

Viele Kunden haben sich die großen Rabatttage jedenfalls fest im Kalender notiert. Einer repräsentativen Studie des Verbraucherforums Mydealz zufolge planen die Deutschen im Schnitt, 222,20 Euro am diesjährigen Black Friday auszugeben. Am kauffreudigsten sind dabei die Altersgruppen zwischen 45 und 64 Jahren, die sogar über 250 Euro einplanen. Der Umfrage zufolge haben nur drei Prozent der Deutschen noch nie vom Black Friday gehört; vor zwei Jahren waren es noch über elf Prozent.

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Nicht immer ist aber sicher, dass Kunden an diesem Tag auch wirklich ein gutes Geschäft machen. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) etwa warnt vor Fake-Angeboten beispielsweise auf dem Amazon-Marketplace, bei denen man mit Vorkasse zahlen soll. Hier sei es in der Vergangenheit mehrmals vorgekommen, dass die gekaufte Ware nie ankam.

Zudem sollten sich Verbraucher keinesfalls von Marketing-Tools unter Kaufdruck setzen lassen, die suggerieren, das Angebot laufe bald ab. Etwa eine Sanduhr oder ein Balken, der die Lagerbestände darstellen soll. Selbst wenn dieser Balken fast aufgebraucht ist, weiß der Kunde nicht, ob dann noch 10 oder 1000 Artikel da sind, so der VZBV. Er rät zudem, immer mehrere Preisvergleichsportale zu nutzen.

Idealo, seines Zeichens eine ebensolche Internetseite, hat deshalb eine Studie veröffentlicht, in der die Preisentwicklung von über 2500 Produkten am und kurz vor dem Black Friday 2018 analysiert wurde. Das Ergebnis: 74 Prozent der untersuchten Produkte waren am Black Friday tatsächlich günstiger als in den vier Wochen davor.

Richtige Schnäppchen mit 20 Prozent Preisersparnis oder mehr waren allerdings rar. In den 50 nachfragestärksten Kategorien am Black Friday lag die durchschnittliche Preisersparnis bei lediglich sechs Prozent. Auch der VZBV bestätigt, dass die Rabatte an Tagen wie dem Black Friday nur in den seltensten Fällen so hoch sind wie in der Werbung versprochen.

Vielleicht auch deshalb gibt es erste Anzeichen, dass die Begeisterung für den Black Friday in Deutschland zurückgeht. In der Mydealz-Umfrage gab gut die Hälfte der Befragten an, nichts an diesem Tag kaufen zu wollen. 2017 war es nur rund ein Viertel. Die Umsätze sollen allerdings dennoch steigen, weil diejenigen, die einkaufen, im Schnitt mehr ausgeben wollen als früher – frei nach dem Motto: Wenn ich mich schon durch diese Angebote quäle, dann soll es sich auch lohnen.

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