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POSITION: China zeigt, wie Energiewende geht

Mit einem Fünfjahresplan für Sonne, Wind und Netze könnten wir Kosten senken.

Die Kanzlerin hat in China staatskapitalistischen Anschauungsunterricht erhalten, wie man den Ausbau der erneuerbaren Energien erfolgreich mit Hilfe von Fünfjahresplänen voranbringen kann. Sie sollte das Instrument ernsthaft prüfen, denn die Energiewende in Deutschland stockt. Ihr fehlt ein integriertes Planungsgerüst. Jüngstes Beispiel ist der Streit um die Anbindung von Seewindparks. Der Netzausbau ist unzureichend mit dem Bau der Windkraftanlagen selbst abgestimmt. Selbst wenn der Windstrom das Festland erreicht, kann er nicht nach Süden transportiert werden, weil wiederum Leitungen fehlen. So wird es nichts mit den ehrgeizigen Offshore-Zielen. Eine Abfolge integrierter Fünfjahrespläne könnte helfen.

Überhaupt liegt der Netzausbau im Argen. Das liegt nicht nur an widerspenstigen Bürgerinitiativen entlang der geplanten Trassen. Trotz unterschiedlicher Szenarien für den Ausbau der erneuerbaren Energien läuft die Netzplanung unabhängig von der Standortplanung der Stromerzeugung. Eine integrierte Energieplanung, die aufbauend auf einer kommunalen Wärmeplanung und den Flächenausweisungen für Wind- und Solarparks der Länder beruht, könnte – alle fünf Jahre fortgeschrieben – wirksam Abhilfe schaffen.

Ein weiteres Beispiel für den Vorteil staatskapitalistischer Planung ist die Fotovoltaik. China hat es geschafft, eine weltweit führende Solarindustrie anfänglich fast ohne Förderprogramme aufzubauen. Deutschland hat dagegen Solarschulden von über 100 Milliarden Euro bei den Verbrauchern angehäuft, während gleichzeitig die Solarindustrie reihenweise in die Knie geht. Inzwischen ist die solare Stromerzeugung auch dank der chinesischen Fünfjahrespläne so kostengünstig geworden, dass ein Ende der Fördernotwendigkeit absehbar ist. Für die Integration der Solaranlagen in die regionalen Stromnetze gibt es nur vage und wenig belastbare Kostenprognosen für einen angeblich notwendigen Netzausbau. Die Länder sind gefordert, abgestimmte regionale Energiepläne vorzubereiten.

Anstelle der Solarförderung hätte man die nächsten 20 Jahre mit einem jährlichen Zuschuss von fünf Milliarden Euro dafür sorgen können, den gesamten Wohnungsbestand einmal grundlegend zu sanieren. Umso mehr bietet sich im Gebäudesektor eine kommunale Wärmeplanung an, bei der ein Ausbau der Fernwärme, die Nutzung der erneuerbaren Energien und die Sanierung der Gebäudehüllen wirtschaftlich optimal aufeinander abgestimmt werden. Der Sanierungsbedarf und damit die Kosten könnten deutlich reduziert werden.

Und der Markt? Der Autor weiß nicht, was die Chinesen Frau Merkel geraten haben. Nachdem aber der Markt im Energiesektor bislang ohnehin nicht gerade überragende Ergebnisse geliefert hat, sollte der Abschied von der politischen Lebenslüge jemals funktionierender Energiemärkte nicht so schwer fallen. Allerdings muss die Regulierung des Energiesektors demokratisiert werden. Diejenigen, die zahlen, müssen mitreden können. Bei der Solarförderung, den Netzentgelten und selbstverständlich bei den künftigen Fünfjahresplänen selbst. Hier allerdings könnte die Kanzlerin gegenüber den Chinesen auftrumpfen.

Der Autor ist der Energieexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen

Holger Krawinkel

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