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Wirtschaft: Das Handy als Geldbeutel

Die Mobilfunkunternehmen arbeiten an mobilen Zahlungssystemen – sie müssen schnell, sicher und bequem sein

Die führenden europäischen Telekomkonzerne verbünden sich: Gemeinsam wollen die deutsche TMobile, die britische Vodafone, die spanische Telefónica und die France-Télécom-Tochter Orange einen Standard für das Bezahlen per Mobiltelefon schaffen. Nach Angaben aus informierten Kreisen soll diese Allianz an diesem Mittwoch bekannt gegeben werden.

Gemeinsam erreichen die vier Unternehmen weltweit gut 250 Millionen Handy- Nutzer. Nach Informationen aus Branchenkreisen wollen sich auch kleinere Konkurrenten – KPN Mobile aus den Niederlanden, MMO2 aus Großbritannien, der Mobilfunkdienstleister Debitel und der Neueinsteiger auf dem europäischen Markt, Hutchison Whampoa mit seiner Marke "3“ - der Allianz anschließen.

Die Möglichkeit, sicher über das Handy abrechnen zu können, gilt als eine wichtige Voraussetzung für die weitere Verbreitung des elektronischen Handels. Künftig sollen die Handy-Besitzer beispielsweise auch ihre Getränke am Automaten oder ihre Parkgebühren über die Handy-Rechnung bezahlen können. Die Unternehmen versprechen sich über solche Zusatzdienste höhere Umsätze. Sie wollen für ihre Pläne in Sachen mobiles Bezahlen eigens eine Gesellschaft mit Sitz in London gründen, verlautete aus informierten Kreisen.

Eine Studie der Marktforscher von Frost & Sullivan prophezeit dem Bezahlen per Handy ein Marktvolumen von rund 25 Milliarden Euro in Europa in etwa drei Jahren. Weltweit wird das Volumen nach Schätzungen von Experten bis 2005 auf mehr als 80 Milliarden Euro steigen. Einbezogen sind dabei auch Zahlungen an Getränkeautomaten, Parkuhren sowie Online-Einkäufe.

Mit der gemeinsamen Aktion wollen die Anbieter verhindern, dass ihnen das gleiche passiert wie Paybox. Die Frankfurter Firma war bisher in Deutschland Marktführer. Von Mai 2000 bis zum 23. Januar diesen Jahres konnten Kunden von Paybox bereits ganz einfach mit dem Handy bei 10000 registrierten Händlern einkaufen, alle Zahlungen im Internet über Paybox abwickeln, Rechnungen bezahlen und auch Überweisungen an Privatpersonen über das Handy abwickeln. Doch der Markt entwickelte sich langsamer als erwartet. Und Ende 2002 zog sich die Deutsche Bank als größter Gesellschafter zurück. Nun sucht Paybox neue Partner.

Immerhin: Die Marktforscher von Gartner nannten Paybox eines der besten Beispiele für ein effektives mobiles Zahlungssystem. Der Jahresbeitrag für Privatkunden lag bei 9,50 Euro. Darüber hinaus entstanden keine weiteren Kosten. Nur wer Geld ins Ausland überweisen wollte, zahlte pro Anweisung 1,50 Euro – also deutlich weniger als bei einer normalen Bank. Die Händler zahlten eine Gebühr ähnlich wie bei den Kreitkartenfirmen. 750000 Kunden hatte Paybox zum Schluss – zu wenig um Überleben zu können. Ein Zahlungssystem wird nämlich erst dann interessant, wenn es von vielen Menschen akzeptiert und genutzt wird. Paybox startete bei Null Kunden. Das ist bei den Mobilfunkbetreibern anders.

Die wichtigsten Merkmale für ein mobiles Zahlungssystem lauten: Es muss einfach, schnell, sicher und vertrauenswürdig sein. Diese Eigenschaften sahen die Gartner-Experten bei Paybox erfüllt. Das Bezahlen einer Taxifahrt zum Beispiel funktionierte so: Der Fahrer ruft nach Abschluss der Fahrt das mobile Zahlungssystem über eine kostenlose Hotline an. Hier teilt er mit, welcher Kunde – identifiziert mit seiner Handynummer – welchen Betrag schuldet. Das System wählt dann den Kunden an, der mit einer Geheimzahl die Zahlung autorisiert. Der Fahrer bekommt das Ok vom System. Der Betrag wird dem Kunden vom Girokonto abgebucht.

Erste Ansätze für mobiles Bezahlen gibt es bei T-Mobile und Vodafone bereits. Der Nachteil: Noch kann man mit beiden Systemen nur Einkäufe im Internet bezahlen. Universell einsetzbar wie eine Kreditkarte sind diese Zahlungssysteme bisher nicht.

Marktbeobachter hoffen, dass mit dem mobilen Zahlungssystem auch der elektronische und der mobile Handel, also das Einkaufen im Internet und per Handy in Gang kommen. Denn bisher zögern viele Kunden vor allen in Deutschland, weil sie Angst haben, ihre Kreditkartennummer im Internet zu offenbaren. slo/HB/vis

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