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Konjunktur: Der Aufschwung stockt

Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle – und wird 2010 wohl weniger stark wachsen, als bislang erhofft.

Berlin - Die Erholung der deutschen Wirtschaft ist Ende vergangenen Jahres schon wieder ins Stocken geraten. Das Bruttoinlandsprodukt, die Maßzahl aller produzierten Güter und Dienstleistungen, stagnierte zwischen Oktober und Ende Dezember gegenüber dem Vorquartal nur noch. Lediglich beim Außenhandel habe es schwarze Zahlen gegeben, erklärte das Statistische Bundesamt am Freitag. Eine deutliche Abschwächung des Wachstums oder gar eine neue Rezession erwarten Wirtschaftsforscher allerdings nicht. Aber sie korrigierten ihre Schätzungen für das gesamte Jahr nach unten.

Der leichte Aufwärtstrend der Wirtschaft aus dem zweiten und dritten Quartal des vergangenen Jahres habe sich nicht fortgesetzt, teilten die Statistiker mit. Als Bremse für die Konjunktur zeigte sich vor allem der Konsum. Dies dürfte eine Spätfolge der Abwrackprämie sein – viele Verbraucher haben ihr Erspartes in ein neues Auto gesteckt und müssen sich nun einschränken. Auch die Unternehmen hielten sich mit Investitionen zurück, denn viele Maschinen stehen weiterhin still. Noch im Spätsommer 2009 war die Wirtschaft um beachtliche 0,7 Prozent gewachsen. Im gesamten vergangenen Jahr schrumpfte die deutsche Wirtschaft um 5,0 Prozent, so stark wie seit Bestehen der Bundesrepublik noch nicht.

Wirtschaftsforscher zeigten sich überrascht. „Das sind enttäuschende Zahlen – angesichts des zuletzt gut gelaufenen Außenhandels hatten wir mehr erwartet“, sagte Carsten Klude, Chefökonom der Hamburger Privatbank M.M. Warburg. In den vergangenen Jahren war er einer der treffsichersten Prognostiker im Land. Allerdings gehe das schwache Ergebnis auch auf die Lage der Feiertage im Dezember und auf den harten Winter zurück.

Die Kälte dürfte die Konjunktur weiterhin bremsen. „Wegen des strengen Winters sind im ersten Quartal sogar Minuswerte bei der Wirtschaftsleistung möglich“, sagte Roland Döhrn, Chefökonom des Essener Instituts RWI, dieser Zeitung. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag geht davon aus, dass bei normalem Winterwetter das Wachstum im ersten Quartal um 0,4 Prozent stärker ausgefallen wäre. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hält indes den Winter für undramatisch. „Ich rechne damit, dass die witterungsbedingten Ausfälle schnell wieder aufgeholt werden“, erklärte er.

Viele Ökonomen korrigieren ihre Vorhersagen für 2010 angesichts der schwachen Daten nach unten. Ein Plus von zwei Prozent werde nun „schwer zu erreichen sein“, urteilte M.M.-Warburg-Mann Klude. „Prinzipiell ist der Aufschwung aber nicht in Gefahr.“ RWI-Experte Döhrn, der auch am Herbstgutachten für die Regierung mitgearbeitet hat, rechnet sogar damit, dass die damals anvisierten 1,6 Prozent nicht mehr zu halten sind. „Ein Einbruch steht uns aber nicht bevor“, glaubt auch er. Gleichwohl sei die Gefahr eines Rückschlags weiter vorhanden. „Es gibt zwar im Moment keine Anzeichen, dass etwas passiert – es ist aber auch nicht auszuschließen, dass am nächsten Montag die Märkte verrückt spielen werden.“

Trotz der Wachstumsraten hat die deutsche Wirtschaft noch einen beträchtlichen Rückstand aufzuholen, um wieder auf des Niveau zu kommen, das sie vor der Krise erreicht hatte. Laut Commerzbank-Chefökonom Krämer haben die Unternehmen Ende 2009 erst 16 Prozent der Produktionsverluste wieder aufgeholt, die sie während der Rezession erlitten hatten. Bis sie an den Höhepunkt des Booms anknüpfen, der Anfang 2008 erreicht war, dürften noch Jahre vergehen.

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