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Nervöser Handel auch am Mittwoch in Frankfurt: Rund um den Globus fliehen Anleger und Investoren aus den Aktien.

© REUTERS

Weltweite Kursrutsche: Deshalb spielen die Börsen verrückt

Allein der Dax hat in diesem Jahr schon fast elf Prozent verloren: Wie Ölpreis-Verfall und China-Krise die Aktienkurse in die Knie zwingen.

Die Hiobsbotschaften nehmen kein Ende. Seit Jahresbeginn flüchten die Anleger aus Aktien und haben die Kurse der Weltbörsen tief ins Minus gedrückt. Vor allem zwei Dinge beschäftigten die Märkte und die Investoren: China und der Ölpreis. Während Peking seit Monaten enttäuschende Konjunkturdaten vorlegt, sorgen sich die Anleger angesichts des Preisverfalls beim Öl, dass die Weltwirtschaft insgesamt Schwung verliert. Aber es gibt noch weitere Gründe für das Börsen-Beben der vergangenen Wochen.

DEUTSCHLAND

Die taumelnden Ölpreise haben den Dax am Mittwoch auf den tiefsten Stand seit Dezember 2014 gedrückt. Sein bisheriges Tagestief erreichte der deutsche Leitindex bei rund 9317 Punkten, nachdem der Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent zeitweise auf 27,95 US-Dollar gesunken war – 81 Cent weniger als am Vortag. Viel schwerer als der Ölpreis belastet Deutschlands Aktienmarkt in diesen Tagen allerdings die Wachstumsschwäche Chinas. Vor allem für Unternehmen aus der Automobilindustrie und dem Maschinenbau zählt der chinesische Markt oftmals zu den wichtigsten Absatzmärkten weltweit. Und weil die schlechten Nachrichten aus dem Reich der Mitte nicht abreißen, schätzen die Anleger auch die künftige Geschäftsentwicklungen der deutschen Unternehmen mittlerweile skeptischer ein. Seit Jahresbeginn verlor der Leitindex Dax deshalb insgesamt mehr als zehn (10,5) Prozent.

CHINA

Die ganz fetten Jahre scheinen vorbei: Zwar ist 2015 das chinesische Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 6,9 Prozent gewachsen. Von den Wachstumsraten der vergangenen Jahre war das Land damit aber weit entfernt. Für Chinas Wirtschaft war es der geringste Zuwachs seit 25 Jahren. Gründe dafür gibt es viele: China befinde sich im schwierigen Wandel vom Schwellen- zum Industrieland, sagt der Chefökonom der Liechtensteiner VP Bank, Thomas Gitzel der Agentur dpa. „Alte Industrien verschwinden oder wandern ab, neue kommen hinzu.“ So sorgt der Umbau für tiefe Einschnitte in Schlüsselbranchen. Die Rohstahlherstellung in der Volksrepublik etwa sank im vergangenen Jahr erstmals seit 1981, die Stromproduktion sogar erstmals seit 1968. Und die Folgen dieses Wandels sind nun seit Wochen und Monaten auch an Chinas Börsenkursen abzulesen. Der Shanghai Composite hat seit Jahresbeginn 22 Prozent verloren.

USA

Auch den wichtigsten Kapitalmarkt der Welt hat das Börsenchaos der vergangenen Wochen in Mitleidenschaft gezogen. Der Dow Jones, der Aktienindex der die Werte der 30 größten amerikanischen Unternehmen abbildet, verlor seit Jahresbeginn 10,0 Prozent. Neben dem Chaos an den chinesischen Märkten war es nicht zuletzt der sinkende Ölpreis, der die Kurse abstürzen ließ. Denn der Preisverfall auf dem internationalen Markt lastet schwer auf der US-Ölindustrie: die Produktionskapazität hat sich fast halbiert, die Gewinne sinken, Tausende Jobs werden gestrichen. Für Verunsicherung bei den Anlegern sorgt zudem dass Ende der Politik des ultrabilligen Geldes bei der US-Zentralbank Federal Reserve. Sollte die Notenbank tatsächlich vier Zinsanhebungen im laufenden Jahr vornehmen, dürfte das mit einem weiter steigenden Dollar-Kurs einhergehen. An den Kapitalmärkten werden daher Einbußen bei den US-Exporten befürchtet: „Das wird einen Effekt auf die Handelsbilanz haben“, warnte am Dienstag der Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF), Maury Obstfeld.

JAPAN

In Japan hatte man angesichts einer beeindruckenden Jahresendrallye eigentlich auf einen guten Start ins neue Jahr spekuliert. Der Leitindex Nikkei war bei 19 033 Punkten am 31. Dezember aus dem Handel gegangen und hatte somit auf dem höchsten Jahres-Endstand seit 1996 geschlossen. Die instabilen Börsen in Übersee sowie die Festigung des Yen, der Japans Exporte verteuert, haben nun aber auch die Börsen des Inselstaates in Bedrängnis gebracht. Seit dem ersten Handelstag hat der Nikkei insgesamt 12,4 Prozent verloren. Hinzukommt, dass die Wirtschaftserholung in Japan stockt. Ende Dezember meldete das Handelsministerium, dass sowohl die Industrieproduktion als auch der Umsatz des Einzelhandels im letzten Quartal geschrumpft sind. Japans Unternehmern macht dabei vor allem die schwächelnde Nachfrage in Schwellenländern zu schaffen. Für das laufende Quartal wird lediglich mit einem leichten Wachstum gerechnet. Einige Experten befürchten wegen der schwachen Verbraucherausgaben, dass die Wirtschaft auch schrumpfen könnte. „Es besteht das Risiko, dass der Konsum träge bleibt und verhindert, dass das Wirtschaftswachstum anzieht“, sagte der Chefökonom des Forschungsinstituts Norinchukin Research, Takeshi Minami, der Nachrichtenagentur Reuters.

INDIEN

Auch die indische Börse ist mit einem Minus ins Jahr gestartet, das mit 8,7 Prozent aber vergleichsweise moderat ausfiel. Tatsächlich läuft es für die indische Wirtschaft derzeit rund: 2015 lief das Land erstmals China den Rang der weltweit am schnellsten wachsenden großen Volkswirtschaft ab. Analysten der japanischen Bank Nomura prognostizieren, dass sich diese Entwicklung im aktuellen Jahr noch fortsetzen wird: Das indische Bruttoinlandprodukt (BIP) dürfte demnach in diesem Jahr um 7,8 Prozent wachsen – nach 7,3 Prozent im vergangenen Jahr. Dabei kann Indien nicht zuletzt von den günstigen Ölpreisen profitieren. So kann der südasiatische Staat derzeit auf Energie-Subventionen verzichten und die frei werdenden Mittel anderweitig investieren.

Hinweis: Alle genannten Index-Verluste beziehen sich auf Stand Donnerstag, 20.01., 17:25 Uhr.

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